Verhandlungstermin: 25. Oktober 2013
V ZR 212/12
AG Lüdenscheid - Urteil vom 19. Januar 2012 – 97a C 33/11
LG Dortmund - Urteil vom 20. Juli 2012 – 17 S 55/12
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Zutritt zu den Wohnungen erfolgt über Laubengänge, die von dem Treppenhaus aus zugänglich sind. In der Eigentümerversammlung vom 15. Juni 2011 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, dass die an den Laubengängen gelegenen Wohnungsabschlusstüren der einzelnen Einheiten auf bestimmte Weise zu gestalten seien. Festgelegt wurde unter anderem, dass sie aus Holz in der Farbe "mahagonihell" gefertigt sein und einen Glasscheibeneinsatz genau festgelegter Größe in "drahtornamentweiß" enthalten müssten.
Die Klägerin hält diesen Beschluss für nichtig. Sie meint, die Wohnungsabschlusstür gehöre zu ihrem Sondereigentum. Jedenfalls dürfe sie über die farbliche Gestaltung der Innenseite ihrer Tür selbst entscheiden.
Das Amtsgericht hat antragsgemäß die Nichtigkeit des Beschlusses festgestellt. Das Landgericht hat das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es meint, dass Wohnungsabschlusstüren gemäß § 5 Abs. 1 und 2 WEG* insgesamt zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer stünden. Der Beschluss entspreche auch ordnungsmäßiger Verwaltung, weil er ein optisch einheitliches Erscheinungsbild der Anlage sicherstelle.
Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision will die Klägerin das Urteil des Amtsgerichts wiederherstellen lassen.
*§ 5 WEG Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums
(1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Abs. 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird.
Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden.
Verhandlungstermin: 25. Oktober 2013
V ZR 230/12
LG Aachen – Urteil vom 19. Dezember 2011 – 11 O 279/11
OLG Köln - Urteil vom 11. September 2012 – 3 U 7/12
Verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch auch im Verhältnis von Wohnungseigentümern?
Die Beklagte betrieb im dritten Obergeschoss eines Gebäudes ein ambulantes Operationszentrum. In dem darunter liegenden Stockwerk befand sich die Arztpraxis von Dr. W. (im Folgenden Versicherungsnehmer), dessen Versicherer die Klägerin ist. Das Grundstück ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt. Sowohl der Beklagten als auch dem Versicherungsnehmer waren die von ihnen genutzten Räume, die im (Sonder-)Eigentum unterschiedlicher Wohnungseigentümer stehen, jeweils mietweise überlassen worden. In der Nacht vom 7. auf den 8. Juni 2007 löste sich im Sterilisationsraum der Beklagten eine Schlauchverbindung, wodurch es zu einem Wasseraustritt und zu Schäden auch in den Praxisräumen des Versicherungsnehmers kam. Den Schaden glich die klagende Versicherung in Höhe von 165.889,76 € aus. Diesen Betrag verlangt sie nunmehr von der Beklagten aus übergegangenem Recht.
Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dabei hat es offen gelassen, ob die Beklagte ein Verschulden an dem Schadensereignis trifft.
Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Eigentümern benachbarter Grundstücke ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dem beeinträchtigten Grundstückseigentümer bzw. dessen Mieter ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen kann. Die von dem Berufungsgericht bejahte Frage, ob gleiches auch im Verhältnis von Sondereigentümern (bzw. hier deren Mietern) gilt, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Die Frage wird nunmehr in dem anhängigen Revisionsverfahren zu klären sein.
* § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.
(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.
Verhandlungstermin: 31. Oktober 2013
I ZR 162/10, I ZR 28/11, I ZR 29/11, I ZR 30/11 (Vergütungspflicht für PCs und Drucker)
I ZR 162/10
LG Stuttgart - Urteil vom 22. Dezember 2004 - 17 O 392/04, CR 2005, 378
OLG Stuttgart - Urteil vom 11. Mai 2005 - 4 U 20/05, GRUR 2005, 943
BGH - Urteil vom 6. Dezember 2007 - I ZR 94/05, BGHZ 174, 359 - Drucker und Plotter I
BVerfG - Beschluss vom 30. August 2010 - 1 BvR 1631/08, GRUR 2010, 999
BGH - Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZR 162/10 - Drucker und Plotter II, ZUM 2011, 729
und
I ZR 30/11
LG München I - Urteil vom 23. Dezember 2004 - 7 O 18484/03, ZUM 2005, 241
OLG München - Urteil vom 15. Dezember 2005 - 29 U 1913/05, ZUM 2006, 239
BGH - Urteil vom 2. Oktober 2008 - I ZR 18/06, GRUR 2009, 53 - PC I
BVerfG - Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 506/09, GRUR 2011, 225
BGH - Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZR 30/11 - PC II, GRUR 2011, 1012 = WRP 2011, 1483
und
I ZR 28/11
LG Düsseldorf - Urteil vom 25. Januar 2006 - 12 O 110/05
OLG Düsseldorf - Urteil vom 23. Januar 2007 - 20 U 38/06, GRUR 2007, 416
BGH - Beschluss vom 14. August 2008 - I ZR 17/07, juris
BVerfG - Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2760/08, GRUR 2011, 223
BGH - Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZR 28/11, GRUR 2011, 1007 = WRP 2011, 1478
und
I ZR 29/11
LG Düsseldorf - Urteil vom 29. November 2006 - 12 O 8/06
OLG Düsseldorf - Urteil vom 13. November 2007 - 20 U 186/06, MMR 2008, 100
BGH - Beschluss vom 14. August 2008 - I ZR 208/07, juris
BVerfG - Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2742/08, CR 2011, 86
BGH - Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZR 29/11, ZUM-RD 2011, 537
EuGH - Urteil vom 27. Juni 2013 - C-457/11 bis C-460/11, GRUR 2013, 812 - VG Wort
Bei den zur Verhandlung anstehenden Sachen handelt es sich um Parallelverfahren, in denen der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs abschließend darüber zu entscheiden hat, ob PCs und Drucker zu den vergütungspflichtigen Vervielfältigungsgeräten nach § 54a Urheberrechtsgesetz in der bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Fassung (UrhG aF) gehören.
Der Urheber eines Werkes hatte nach dem bis Ende 2007 geltenden und in den zu entscheidenden Fällen noch anzuwendenden Recht einen Vergütungsanspruch gegen den Hersteller, den Importeur und den Händler von Geräten, wenn diese Geräte dazu bestimmt sind, ein derartiges Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen (§ 54a Abs. 1 Satz 1 UrhG aF). Dieser Vergütungsanspruch soll dem Urheber einen Ausgleich dafür verschaffen, dass Vervielfältigungen seines Werkes zum eigenen Gebrauch unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne seine Zustimmung zulässig sind.
Nach der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Regelung, die in den in Rede stehenden Fällen noch nicht anzuwenden ist, besteht ein Vergütungsanspruch hinsichtlich sämtlicher Gerätetypen, die zur Vornahme von bestimmten Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch benutzt werden (§ 54 Abs. 1 UrhG). Der Vergütungsanspruch hängt danach nicht mehr davon ab, dass die Geräte dazu bestimmt sind, ein Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen.
Die Klägerin ist die VG Wort. Sie nimmt die urheberrechtlichen Befugnisse von Wortautoren und Verlegern wahr. Die Beklagten vertreiben in Deutschland Drucker und PCs, die sie selbst herstellen oder importieren. Die Klägerin nimmt die unterschiedlichen Beklagten in vier verschiedenen Verfahren auf Zahlung einer Vergütung für diese Geräte in Anspruch. Das OLG Stuttgart und das OLG München haben den dort erhobenen Klagen weitgehend stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat diese Urteile aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das OLG Düsseldorf hat in zwei weiteren Verfahren die dort erhobenen Klagen abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen diese Urteile zurückgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat sämtliche Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aufgehoben und die Sachen an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschlüssen jeweils vom 21. Juli 2011 die Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. dazu Pressemitteilung Nr. 134/2011).
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Vorlagefragen im Wesentlichen dahin beantwortet, dass auch aufgrund der Vervielfältigung geschützter Werke durch Drucker oder PCs eine Urheberrechtsabgabe erhoben werden könne. Der Ausdruck "Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung" im Sinne vom Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG sei dahin auszulegen, dass er auch Vervielfältigungen mittels PCs und Drucker erfasse, wenn diese Geräte miteinander verbunden seien. Sofern die betreffenden Vervielfältigungen in einem einheitlichen Verfahren mit Hilfe einer Kette von Geräten angefertigt werden, stehe es den Mitgliedsstaaten frei, ein System einzuführen, bei dem der gerechte Ausgleich von denjenigen - Herstellern, Importeuren oder Händlern - entrichtet wird, die über ein Gerät verfügen, das als Teil dieser Kette in nicht eigenständiger Weise zu diesem Verfahren beiträgt. Diese hätten die Möglichkeit, die Kosten der Abgabe auf ihre Kunden abzuwälzen. Die Zustimmung des Rechteinhabers zur Vervielfältigung habe dabei keine Auswirkungen auf den nach den Bestimmungen der Richtlinie vorgesehenen gerechten Ausgleich.
Mit ihrer Revision verfolgen die jeweiligen Revisionskläger ihre ursprünglichen Anträge weiter.
Verhandlungstermin: 31. Oktober 2013
I ZR 164/12 (Tippfehler-Domain)
LG Köln - Urteil vom 9. August 2011 - 81 O 42/11, juris
OLG Köln - Urteil vom 10. Februar 2012 - 6 U 187/11, WRP 2012, 989
Die Klägerin betreibt unter dem Domainnamen "www.wetteronline.de" einen Wetterdienst. Der Beklagte ist Inhaber verschiedener so genannter "Tippfehler-Domains", die sich eng an bekannte Domainnamen anlehnen, unter anderem des Domainnamens "Wetteronlin.de". Nutzer, die durch einen Tippfehler auf die Internetseite des Beklagten gelangen, werden von dort auf eine Internetseite weitergeleitet, die für private Krankenversicherungen wirbt. Hierfür erhält der Beklagte ein Entgelt.
Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - geltend gemacht, sie werde dadurch, dass der Beklagte Interessenten, die auf ihre Seite gelangen wollten, auf die vorerwähnte Seite umleite, in unlauterer Weise behindert und zugleich in ihrem Namensrecht verletzt. Sie hat den Beklagten daher auf Unterlassung der Benutzung des Domainnamens "www.wetteronlin.de" sowie zur Löschungseinwilligung und Auskunft in Anspruch genommen sowie die Feststellung seiner Schadensersatzpflicht begehrt.
Das Landgericht hat den Beklagten weitestgehend antragsgemäß verurteilt. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen die geltend gemachten Ansprüche bestünden sowohl unter dem Gesichtspunkt einer wettbewerbswidrigen Behinderung als auch einer Verletzung des Namensrechts. Dem könne der Beklagte kein schutzwürdiges Interesse daran entgegenhalten, potenzielle Nutzer der Internetseite der Klägerin auf die vom ihm geführte Seite umzuleiten. Vielmehr gingen der Klägerin auf diese Weise zumindest Werbeeinnahme verloren, weil eine Vielzahl der Nutzer sich aus Verärgerung oder weil sie sich mit dem Grund der Fehlleitung nicht näher befassen wollten, einen anderen Wetterdienst suchen würden.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.
Verkündungstermin: 5. November 2013
(Verhandlungstermin: 22. Oktober 2013)
VI ZR 304/12
Landgericht Hamburg – Urteil vom 13. Januar 2012 – 324 O 454/11
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg – Urteil vom 24. April 2012 – 7 U 5/12
Die Klägerin ist die Adoptivtochter von Günther J. und seiner Ehefrau Thea S.-J.. Sie trägt den Namen S. Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift "Viel Spaß" einen Beitrag über die Ehe von G. J., in dem sich der Satz findet:
"Sie [Thea S.-J.] kümmert sich im heimischen Potsdam um die vier Kinder, die beiden leiblichen Töchter Svenja (21) und Kristin (18) sowie die adoptierten Mädchen Katja (14) und Mascha (10)."
Mascha S. verlangt von der Beklagten, die Veröffentlichung der Behauptung zu unterlassen, sie sei ein Kind von Günther J. Die Abmahnung der Beklagten blieb erfolglos. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das OLG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Der u.a. für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf freie Berichterstattung zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten die Revision zugelassen. Der Fall wirft die Fragen auf, ob die Klägerin durch einen Bericht über die verwandtschaftliche Beziehung und die familiäre Zuordnung zu ihrem Vater Günther J. in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt wird und - gegebenenfalls - ob bei einer Wortberichterstattung auf eine Abwägung der betroffenen Grundrechte im Einzelfall verzichtet werden kann, wenn ein Kind von der Berichterstattung betroffen ist.
Verkündungstermin: 6. November 2013
(Verhandlungstermin: 9. Juli 2013)
KZR 58/11
LG Mannheim - Urteil vom 19. Juni 2009 - 7 O 122/08 (Kart.)
OLG Karlsruhe - Urteil vom 14. Dezember 2011 - 6 U 193/10 Kart.
und
KZR 61/11
LG Mannheim - Urteil vom 19. Juni 2009 - 7 O 123/08 (Kart.)
OLG Karlsruhe - Urteil vom 14. Dezember 2011 - 6 U 194/10 Kart.
Die Parteien streiten über die Berechtigung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), von Arbeitgebern, die ihre Beteiligung bei der VBL gekündigt haben, nach § 23 Abs. 2 der Satzung (VBLS) einen sogenannten Gegenwert als Ausgleich für die bei der VBL verbleibenden Versorgungslasten zu fordern. Nachdem der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs bereits mit Urteilen vom 10. Oktober 2012 (Pressemitteilung Nr. 169/2012) entschieden hat, dass § 23 Abs. 2 VBLS wegen unangemessener Benachteiligung des ausgeschiedenen Beteiligten unwirksam ist, hat sich nun auch der Kartellsenat mit Gegenwertforderungen der VBL zu befassen.
Beklagte der Verfahren, die am 9. Juli 2013 vor dem Kartellsenat verhandelt worden waren, sind jeweils Krankenkassen, die ihre Beteiligung an der VBL gekündigt und den geforderten Gegenwert nur teilweise gezahlt haben. Das Oberlandesgericht hat die auf Zahlung des restlichen Gegenwerts gerichteten Klagen abgewiesen. Die Widerklagen der Beteiligten auf Rückzahlung bereits geleisteter Gegenwertzahlungen wurden wegen einer Prozessvereinbarung abgewiesen. Im Übrigen hatten sie teilweise Erfolg. Die VBL ist u.a. dazu verurteilt worden, nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen berechnete Zinsen auf bereits geleistete Gegenwertzahlungen zurückzuerstatten.
Mit der Revision macht die VBL weiterhin geltend, ihre Gegenwertforderungen seien berechtigt. Die Beklagten haben ebenfalls Revision eingelegt und erstreben eine Verurteilung der VBL zur Rückzahlung ihrer auf den Gegenwert geleisteten Zahlungen sowie höhere Zinsen nach § 33 Abs. 3 Satz 4 und 5 GWB. Die Beklagten meinen, die VBL missbrauche mit der Gegenwertforderung nach § 23 Abs. 2 VBLS eine marktbeherrschende Stellung. Das verstoße gegen europäisches und deutsches Kartellrecht. Dem waren das Landgericht und das Oberlandesgericht nicht gefolgt, weil die VBL kein Unternehmen im Sinn des Kartellrechts sei.
Verkündungstermin: 6. November 2013
VIII ZR 416/12
AG Friedberg - Urteil vom 10. Februar 2012 – 2 C 176/12
LG Gießen - Urteil vom 7. November 2012 – 1 S 71/12
Der Bundesgerichtshof wird am 6. November 2013 eine Entscheidung zu folgendem Sachverhalt verkünden:
Die Beklagten waren von Anfang 2007 bis Juli 2009 Mieter einer Doppelhaushälfte der Klägerin. Die Beklagten, die das Objekt frisch in weißer Farbe renoviert übernommen hatten, strichen einzelne Wände in kräftigen Farben (rot, gelb, blau) und gaben es in diesem Zustand zurück. Die Klägerin ließ im August 2009 die farbig gestalteten Wände zunächst mit Haftgrund und dann alle Wand- und Deckenflächen zweimal mit Wandfarbe überstreichen. Sie wendete hierfür einen Betrag von 3.648,82 € auf.
Die Klägerin hat nach teilweiser Verrechnung mit der von den Beklagten geleisteten Kaution Zahlung von 1.836,46 € nebst Zinsen begehrt. Die Beklagten haben widerklagend die Rückzahlung der zu Beginn des Mietverhältnisses geleisteten Kaution nebst Zinsen geltend gemacht.
Das Amtsgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagten unter Abweisung im Übrigen zur Zahlung von 874,30 € nebst Zinsen verurteilt; die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagten seien der Klägerin gemäß § 280 Abs. 1, § 546 BGB* unter Berücksichtigung eines Abzugs neu für alt in dieser Höhe zum Schadensersatz verpflichtet. Unabhängig davon, ob der Mieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet sei, stelle es eine Vertragsverletzung dar, wenn der Mieter das Mietobjekt in einem farblichen Zustand zurückgebe, welcher die Grenzen des normalen Geschmacks überschreite, so dass eine Neuvermietung der Räume in dem geschaffenen Zustand praktisch unmöglich sei. Dies sei vorliegend der Fall. Eine Vertragspflichtverletzung sei auch dann gegeben, wenn sich der ausgefallene farbliche Zustand durch Schönheitsreparaturen im Sinne des § 28 Abs. 4 Satz 3 der Zweiten Berechnungsverordnung beseitigen lasse.
* § 280 BGB:
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (…)
§ 546 BGB
(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.
Verhandlungstermin: 13. November 2013
I ZR 206/10 (Rotes Stofffähnchen II)
LG Hamburg - Urteil vom 22. Juni 2004 - 312 O 482/03
OLG Hamburg - Urteil vom 2. Februar 2006 - 3 U 130/04, OLGR 2007, 372
OLG Hamburg - Urteil vom 18. November 2010 - 3 U 130/04
BGH - Urteil vom 5. November 2008 - I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 = WRP 2009, 831 - Stofffähnchen I
BGH - Beschluss vom 24. November 2011 - I ZR 206/10, GRUR 2012, 177 = WRP 2012, 326 - Stofffähnchen II
EuGH - Urteil vom 18. April 2013 - C 12/12, GRUR 2013, 722 = WRP 2013, 761 - Colloseum Holding
Die Klägerin, die Levi Strauss & Co., ist die älteste Jeans-Herstellerin der Welt. Sie ist Inhaberin verschiedener nationaler und internationaler Marken, u.a. der für Hosen eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke Nr. 2 292 373, die nach der Beschreibung im Register eine Positionsmarke ist und aus einem roten rechteckigen Label aus textilem Material besteht, das oben links in die Gesäßtasche von Hosen, Shorts oder Röcken eingenäht ist und aus der Naht hervorsteht. Die Beklagte betreibt einen Einzelhandel mit Oberbekleidung. Sie brachte seit November 2001 Jeanshosen auf den Markt, die an der rechten Gesäßtasche mit roten, rechteckigen Stofffähnchen versehen sind, die an der rechten Außennaht im oberen Drittel der Tasche angenäht sind. Die Klägerin betrachtet dies als Verletzung ihrer Marken.
Das Landgericht hat der u.a. auf Unterlassung gerichteten Klage stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht mit Urteil vom 2. Februar 2006 zurückgewiesen. Der Senat hat das Berufungsurteil mit Urteil vom 5. November 2008 aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung daraufhin mit Urteil vom 18. November 2010 erneut zurückgewiesen und ausgeführt, dass der (einzige) Unterschied, wonach das Fähnchen bei der Marke der Klägerin an der Gesäßtasche links und bei den Kennzeichen der Beklagten an der Gesäßtasche rechts angebracht sei, der Verwechslungsgefahr nicht entgegenstehe. Denn der Verbraucher, der die Waren nicht nebeneinander sehe, werde sich in seiner Erinnerung über die Position des Fähnchens rechts oder links nicht sicher sein.
Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 24. November 2011 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung 40/94/EG über die Gemeinschaftsmarke zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 185/2011). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Vorlagefragen im Wesentlichen dahin beantwortet, dass die Voraussetzung einer ernsthaften Benutzung einer Marke im Sinne von Art. 15 Abs. 1 der Verordnung 40/94/EG erfüllt sein kann, wenn eine eingetragene Marke, die ihre Unterscheidungskraft infolge der Benutzung einer anderen, zusammengesetzten Marke erlangt hat, deren Bestandteil sie ist, nur vermittels dieser anderen zusammengesetzten Marke benutzt wird oder wenn sie nur in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird und beide Marken zusammen zusätzlich als Marke eingetragen sind.
Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte weiter die Abweisung der Klage.
Verhandlungstermin: 13. November 2013
X ZR 115/12
AG Hamburg – Urteil vom 2. Februar 2011 – 6 C 218/08
LG Hamburg – Urteil vom 29. August 2012 – 318 S 56/11
Der Kläger macht einen Schadensersatzanspruch und einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) geltend.
Er buchte bei dem beklagten Luftverkehrsunternehmen eine Flugreise von Hamburg über Paris nach Atlanta. Der Zubringerflug nach Paris startete pünktlich, landete jedoch wegen des überfüllten Pariser Luftraums verspätet, so dass der Kläger den Anschlussflug verpasste. Da er erst am nächsten Tag nach Atlanta weiterfliegen konnte, bemühte sich der Kläger um die entsprechende Verschiebung .eines in Atlanta geplanten Geschäftstermins. Da der Termin jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden konnte, wurde der Flug nach Atlanta entsprechend umgebucht. Der Kläger, der deshalb am nächsten Morgen zunächst nach Hamburg zurückfliegen wollte, begab sich, da sein Koffer nicht auffindbar war, auf Bitten der Beklagten zunächst zu einem Gepäckschalter, wo die Suche nach dem Koffer jedoch ergebnislos blieb. Als der Kläger sich daraufhin den Flugschein für den Rückflug nach Hamburg ausstellen lassen wollte, wurde ihm mitgeteilt, dass es zur Abfertigung für den betreffenden Flug zu spät sei. Den nächsten möglichen Flug am Abend müsse der Kläger selbst bezahlen. Der Kläger lehnte dies ab und reiste stattdessen mit einem anderen Flug nach Bremen zurück.
Der Kläger hat Erstattung der Kosten des Flugs von Paris nach Bremen und weiteren Schadensersatz sowie Ausgleichszahlungen für den nicht erreichten Flug von Paris nach Atlanta und den Flug von Paris nach Hamburg begehrt. Das Amtsgericht hat den Schadensersatzanspruch zuerkannt und die Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung abgewiesen. Das Landgericht hat die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht nur insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Anspruch auf eine Ausgleichsleistung nach der Fluggastrechteverordnung in Höhe von 600 Euro für den nicht erreichten Flug von Paris nach Atlanta weiter.
Verhandlungstermin: 13. November 2013
X ZR 171/12
AG Augsburg – Urteil vom 8. September 2011 – 17 C 2055/11
LG Augsburg – Urteil vom 6. Juni 2012 – 72 S 4026/11
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Ersatz von Rechtsanwaltskosten.
Sie bezog von der Beklagten eine Gebrauchs- und Geschmacksmusterrechte verletzende Einkaufstasche, die sie über ein Internetauktionshaus zum Verkauf anbot. Hieraufhin wurde die Klägerin von der Schutzrechtsinhaberin wegen der Verletzung ihrer Gebrauchs- und Geschmacksmusterrechte abgemahnt und unter anderem zur Erstattung von Abmahnkosten in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von € 100.000,-- aufgefordert. Die Klägerin beauftragte einen Rechtsanwalt mit der Überprüfung des Sachverhalts. Nach Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung leistete die Klägerin aufgrund einer Einigung mit der Schutzrechtsinhaberin zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche eine Einmalzahlung von € 500,--.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der Kosten, die ihr durch die Beauftragung ihres Rechtsanwalts entstanden sind. Die Rechtsanwaltsgebühren berechnet die Klägerin aus einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von € 100.000,--.
Das Amtsgericht hat die Rechtsanwaltsgebühren nur in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von € 50.000,-- für erstattungsfähig gehalten und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Anschlussberufung der Beklagten lediglich Rechtsanwaltsgebühren in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von € 10.000,-- zugesprochen.
Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren – zuletzt aus einem Gegenstandswert von € 95.000,-- berechneten – Erstattungsanspruch weiter.
Verkündungstermin: 13. November 2013
(Verhandlungstermin: 12. September 2013)
I ZR 143/12
LG Lübeck - Urteil vom 1. Dezember 2010 - 2 O 356/09
OLG Schleswig - Urteil vom 22. Juni 2012 - 6 U 74/10
Die Klägerin ist selbständige Spielwarendesignerin. Die Beklagte stellt Spielwaren her und vertreibt sie. Die Klägerin zeichnete für die Beklagte im Jahr 1998 unter anderem Entwürfe für einen Zug aus Holz, auf dessen Waggons sich Kerzen und Ziffern aufstecken lassen ("Geburtstagszug"). Dafür erhielt sie ein Honorar von 400 €.
Die Klägerin ist der Ansicht, bei ihren Entwürfen handele es sich um urheberrechtlich geschützte Werke. Die vereinbarte Vergütung sei - jedenfalls angesichts des großen Verkaufserfolgs des Geburtstagszugs - zu gering. Sie nimmt die Beklagte deshalb auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung in Anspruch.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin angefertigten Entwürfe seien urheberrechtlich nicht geschützt. Nach der hergebrachten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien bei Werken der angewandten Kunst, soweit sie einem Geschmacksmusterschutz zugänglich seien, höhere Anforderungen an die für einen urheberrechtlichen Schutz erforderliche Gestaltungshöhe zu stellen sind als bei Werken der zweckfreien Kunst. Die Entwürfe der Klägerin genügten diesen Anforderungen nicht.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Sie ist der Ansicht, an der hergebrachten Rechtsprechung zum Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst könne nach der Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahre 2004 und im Blick auf die europäische Urheberrechtsentwicklung nicht festgehalten werden. Bei Werken der angewandten Kunst seien keine besonderen Anforderungen an die Gestaltungshöhe zu stellen. Die gebotene Änderung der Rechtsprechung komme auch ihren im Jahr 1998 angefertigten Entwürfen zu Gute. Diese seien danach urheberrechtlich geschützt.
Verkündungstermin: 19. November 2013
Verhandlungstermin: 17. September 2013
II ZR 320/12
LG München I – Urteil vom 23. April 2012 – 35 O 15133/11
OLG München – Beschluss vom 19. September 2012 – 7 U 2261/12
und
II ZR 383/12
LG München I – Urteil vom 30. April 2012 – 28 O 18923/11
OLG München – Urteil vom 28. November 2012 – 20 U 2232/12
(ZIP 2013, 414)
Die Kläger haben sich als atypisch stille Gesellschafter an der beklagten Aktiengesellschaft beteiligt, die im Leasinggeschäft tätig ist.
Die Vorinstanzen haben das vorrangig auf Rückabwicklung ihrer Beteiligung im Wege des Schadensersatzes gerichtete Begehren der Kläger mit der Begründung abgewiesen, nach den auch auf eine stille Gesellschaft anwendbaren Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft sei es einem Gesellschafter verwehrt, gegen die in Vollzug gesetzte Gesellschaft im Wege des Schadensersatzes einen Anspruch auf Rückabwicklung der Beteiligung und Rückzahlung der geleisteten Einlage geltend zu machen; vielmehr sei er regelmäßig auf seinen Abfindungsanspruch nach Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses beschränkt. Zwar stünden bei einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage dann nicht entgegen, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts verpflichtet sei, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte dieser den Gesellschaftsvertrag nicht geschlossen. Dies sei hier aber nicht der Fall, weil es sich nicht um eine zweigliedrige, sondern um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft in Form einer Publikumsgesellschaft handele, bei der die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft einem Schadensersatzanspruch des Gesellschafters auf Rückgewähr der Einlage entgegenstünden.
Mit ihrer in der Sache II ZR 320/13 vom Senat, in der Sache II ZR 383/12 vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Schadensersatzansprüche weiter.
Verhandlungstermin: 22. November 2013
V ZR 96/12
LG Essen - Urteil vom 9. Juni 2011 - 3 O 11/11
OLG Hamm - Urteil vom 30. März 2012 – I-30 U 126/11
Die Beklagte war Eigentümerin eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks. Eine der Wohnungen in dem Gebäude vermietete sie an die Klägerin. Nachdem der Beklagten die Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt worden war, verkaufte sie den Grundbesitz mit notariellem Vertrag vom 11. März 2009 an eine Erwerbergemeinschaft. Diese ließ noch am gleichen Tag eine Teilungsvereinbarung gemäß § 3 WEG beurkunden. Mit Erklärung vom 14. März 2011 übte die Klägerin gegenüber der Beklagten das auf § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB* gestützte Vorkaufsrecht aus.
Mit der Klage will die Klägerin festgestellt wissen, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Kaufvertrag über die Wohnräume zum Preis von 30.000 € zustande gekommen ist. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Verkauf des gesamten Gebäudes begründe nur dann ein Vorkaufsrecht des Mieters hinsichtlich einer einzelnen Wohnung, wenn das künftige Wohnungseigentum nach dem Vertrag zwischen Veräußerer und Drittem so klar umrissen sei, dass deutlich werde, worauf sich das Vorkaufsrecht beziehe. Daran fehle es hier. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte ein eigenes Interesse an der Aufteilung gehabt habe; sie habe sich die Absicht der Erwerber über die bloße Kenntnis und Hilfeleistung hinaus nicht selbst zu Eigen gemacht.
Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Der Senat wird voraussichtlich die praktisch bedeutsame grundsätzliche Frage klären müssen, ob und unter welchen Voraussetzungen durch den Verkauf eines Gebäudes an eine Erwerbergemeinschaft ein Vorkaufsrecht des Mieters entstehen kann.
*§ 577 Vorkaufsrecht des Mieters
(1) Werden vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum (…) begründet werden soll, an einen Dritten verkauft, so ist der Mieter zum Vorkauf berechtigt.
Verhandlungstermin: 28. November 2013
I ZR 76/12 (Werkteilnutzung durch Fernuniversität)
LG Stuttgart - Urteil vom 27. September 2011 - 17 O 671/10, GRUR-RR 2011, 419 = ZUM 2011, 946
OLG Stuttgart - Urteil vom 4. April 2012 - 4 U 171/11, GRUR 2012, 718 = ZUM 2012, 495
Die Klägerin ist die Inhaberin aller Nutzungsrechte an dem Buch "Meilensteine der Psychologie", das einschließlich Literaturverzeichnis und Namens- und Sachregister 533 Seiten umfasst. Das Werk wird auch studienbegleitend im Psychologiestudium eingesetzt. Die Beklagte, eine staatliche Fernuniversität, hat daraus in einer elektronischen Lernplattform, die jeweils nur den angemeldeten - etwa 4.000 - Studenten zugänglich ist, zunächst 14 Kapitel mit 91 Seiten als PDF-Dokument zugänglich gemacht hat. Nach einer Abmahnung durch die Klägerin hat die Beklagte nur noch 9 Kapitel mit 70 Seiten eingestellt und zugleich die Nutzung auf das Programm FlashPlayer umgestellt, wodurch ein Abspeichern und Weiterverarbeiten ausgeschlossen wird. Ein Ausdruck ist aber weiterhin möglich.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch das Einscannen der Werkteile, die Anfertigung der PDF-Dateien und das Einpflegen der Werkteile in die Datenbank ihrer elektronischen Lernplattform eine unzulässige Vervielfältigung vorgenommen, um das Werk öffentlich zugänglich zu machen. Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Unterlassung und Auskunft in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Nutzung sei nicht von der Schranke des § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG umfasst. Die öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Buches sei nur erlaubt, sofern der Umfang des jeweiligen Werkteils nicht mehr als drei Seiten betrage. Die Zugänglichmachung diene auch nicht zur Veranschaulichung im Unterricht, wenn die Wiedergabe des Werkteils eine Ergänzung und Vertiefung des Unterrichtsthemas darstellt. Jedenfalls sei sie in ihrem Umfang auch nicht geboten. Da sich der Prüfungsstoff auf die auf der Lernplattform eingestellten Kapitel beschränke, sei ein Erwerb des streitgegenständlichen Buches nicht mehr erforderlich, was die Klägerin in der normalen Verwertung beeinträchtige.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
§ 52a UrhG lautet:
(1) Zulässig ist,
1.veröffentlichte kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einrichtungen der Berufsbildung ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern
…
öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.
…
Verhandlungstermin: 28. November 2013
I ZR 178/12 (Gesundheitsbezogene Angaben auf Babynahrung)
LG Frankfurt am Main - Urteil vom 23. März 2011 - 2/06 O 568/10,
juris
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 9. August 2012 - 6 U 67/11,
GRUR-RR 2012, 484
Beide Parteien vertreiben Babynahrung. Die Beklagte bietet Produkte an, die als präbiotische Komponente Galactooligosaccharide und als probiotische Komponente das Bakterium Lactobacillus fermentum hereditum enthalten. Sie verwendet für diese Erzeugnisse die Bezeichnung "Praebiotik® + Probiotik®" sowie auf der Verpackung die weiteren Aussagen "mit natürlichen Milchsäurekulturen" und "Praebiotik® zur Unterstützung der Darmflora".
Die Klägerin sieht hierin eine mit der Verordnung 1924/2006/EG über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claim-Verordnung) unvereinbare gesundheitsbezogene Angabe. Sie hat die Beklagte daher zur Unterlassung und Auskunft in Anspruch genommen sowie die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt.
Das Landgericht hat die Beklagte teilweise zur Unterlassung sowie den Folgeansprüchen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die angegriffene Bezeichnung "Praebiotik® + Probiotik®" sei mit der Health-Claim-Verordnung vereinbar. Sie suggeriere noch keine gesundheitliche Wirkung und stelle als bloße Beschaffenheits- bzw. Inhaltsstoffangabe keine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5 der Verordnung dar. Demgegenüber beinhalte die Aussage "Praebiotik® zur Unterstützung der Darmflora" innerhalb der zugleich angegriffenen Gesamtaussage zwar eine gesundheitsbezogene Angabe. Sie dürfe aber nach der Übergangsregelung der Verordnung von der Beklagten derzeit noch verwendet werden.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Art. 2 Health-Claim-Verordnung lautet:
…
(2)Ferner bezeichnet der Ausdruck
1."Angabe" jede Aussage oder Darstellung, die nach dem Gemeinschaftsrecht oder den nationalen Vorschriften nicht obligatorisch ist, einschließlich Darstellungen durch Bilder, grafische Elemente oder Symbole in jeder Form, und mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt;
…
5."gesundheitsbezogene Angabe" jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht;
Verhandlungstermin: 4. Dezember 2013
IV ZR 215/12
Landgericht Bamberg - Urteil vom 8. November 2011 - 1 O 336/10
Oberlandesgericht Bamberg - Urteil vom 20. Juni 2012 - 3 U 236/11
Wirksamkeit eines mit einer Anwaltsempfehlung verbundenen Schadenfreiheitssystems mit variabler Selbstbeteiligung in der Rechtsschutzversicherung
Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird sich mit der Grundsatzfrage zu befassen haben, ob finanzielle Anreize eines Rechtsschutzversicherers in Bezug auf eine Anwaltsempfehlung gegen das Recht auf freie Anwaltswahl verstoßen.
Die klagende Rechtsanwaltskammer verlangt von der Beklagten - einem Rechtsschutzversicherer - unter anderem, die Verwendung von Bestimmungen in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2009) zu unterlassen, die ein Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung im Zusammenhang mit einer Anwaltsempfehlung betreffen. Im Schadenfall unterbleibt hiernach eine Rückstufung - und damit in der Regel eine höhere Selbstbeteiligung beim nächsten Versicherungsfall -, wenn ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird.
Das Landgericht hat die auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gerichtete Klage abgewiesen, da die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten das Recht des Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl nicht verletzten und keine gravierende Einflussnahme auf seine Auswahlentscheidung vorliege. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Beklagte unter anderem dazu verurteilt, die Verwendung der streitgegenständlichen Bestimmungen in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu unterlassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:
Versicherungsvertragsgesetz
§ 127 Freie Anwaltswahl
(1) 1Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, zu seiner Vertretung in Gerichts- und Verwaltungsverfahren den Rechtsanwalt, der seine Interessen wahrnehmen soll, aus dem Kreis der Rechtsanwälte, deren Vergütung der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag trägt, frei zu wählen. 2Dies gilt auch, wenn der Versicherungsnehmer Rechtsschutz für die sonstige Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Anspruch nehmen kann.
…
§ 129 Abweichende Vereinbarungen
Von den §§ 126 bis 128 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.
Bundesrechtsanwaltsordnung
§ 3 Recht zur Beratung und Vertretung
…
(3) Jedermann hat im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.
Verhandlungstermin: 10. Dezember 2013
X ZR 24/13
LG Hannover – Urteil vom 13. März 2012 – 18 OO 79/11
OLG Celle – Urteil vom 7. Februar 2013 – 11 U 82/12
Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände verlangt von der Beklagten, der TUI Deutschland GmbH, es zu unterlassen, beim Abschluss von Pauschalreisen bestimmte Reisebedingungen zu verwenden; ferner beansprucht der Kläger die Erstattung von Abmahnkosten.
Die Beklagte verwendet beim Vertrieb von Pauschalreisen "ausführliche Reisebedingungen", in denen es u.a. heißt:
"Die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt dem Veranstalter mit den Reiseunterlagen"
und
"Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros sind unverbindlich."
Das Landgericht hat der Beklagten (nur) die Verwendung der ersten Klausel untersagt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage insgesamt stattgegeben; die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.
Die Regelung zur Festlegung der Flugzeiten in der ersten Klausel sei eine vertragliche Nebenabrede, die der Beklagten entweder die einseitige Änderung des Reisevertrages oder die einseitige Bestimmung ihrer Leistung ermöglichen solle; beide Regelungsinhalte unterfielen dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbeziehungen. In der Sache verstoße ein Vorbehalt, die Flugzeiten erst mit Übersendung der Reiseunterlagen endgültig festzulegen und sie demnach bis dahin jederzeit und auch ohne erkennbaren Grund einseitig ändern zu können, gegen das Transparenzgebot und benachteilige den Reisenden unangemessen. Die zweite Klausel schränke nicht nur die Vollmacht des Reisebüros ein, vielmehr erwecke sie bei dem Reisenden den unzutreffenden und unzulässigen Eindruck, sämtliche Angaben des Reisebüros zu den Flugzeiten seien (vollkommen) unverbindlich.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Verhandlungstermin: 12. Dezember 2013
I ZR 192/12 (Gewinnspielkopplung - Goldbärenbarren)
LG Köln - Urteil vom 8. Februar 2012 - 84 O 215/11
OLG Köln - Urteil vom 21. September 2012 - 6 U 53/12,
GRUR-RR 2013, 168 = WRP 2013, 92
Beide Parteien sind Anbieter von Lakritz und Fruchtgummi. Die Beklagte führte ab Februar 2011 eine Werbekampagne durch, bei welcher im Rahmen eines Fernsehwerbespots die Teilnahme an einem Gewinnspiel derart an den Kauf ihrer Produkte gekoppelt wurde, dass beim Kauf von fünf Packungen zum Preis von ca. je 1 € und Einsendung der Originalbelege die Chance bestand, einen von 100 "Goldbärenbarren" im Wert von 5.000 € zu gewinnen. In dem Werbespot warb der bekannte Fernsehmoderator Thomas Gottschalk, der eine Familie aus Vater, Mutter und zwei Kindern sowie eine Mutter mit zwei Kindern beim Einkaufen im Supermarkt traf, für Produkte der Beklagten, unter anderem Goldbären.
Die Klägerin hält die Werbung für wettbewerbswidrig. Sie hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Auskunft, und Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklage habe gegen das Kopplungsverbot verstoßen. Das Verbot ergebe sich im Wege der richtlinienkonformen Auslegung von § 4 Nr. 6 UWG daraus, dass aufgrund der Umstände des Einzelfalls die Kopplung eine unlautere Geschäftspraktik darstelle, weil sie in ihrer konkreten Ausgestaltung einen Verstoß gegen die fachliche Sorgfalt begründe. Hierbei sei der strengere Sorgfaltsmaßstab des § 3 Abs. 2 Satz 3 UWG zugrunde zu legen und auf Kinder und Jugendliche abzustellen, die durch die Werbung zu einem Kauf über Bedarf veranlasst werden könnten.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Klageabweisung.
§ 3 UWG lautet:
…
(2)Geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dabei ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Auf die Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds einer auf Grund von geistigen oder körperlichen Gebrechen, Alter oder Leichtgläubigkeit besonders schutzbedürftigen und eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern ist abzustellen, wenn für den Unternehmer vorhersehbar ist, dass seine geschäftliche Handlung nur diese Gruppe betrifft.
…
§ 4 UWG lautet
…
6.Unlauter handelt insbesondere, wer die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder der Dienstleistung verbunden;
…
Verhandlungstermin: 13. November 2013
VIII ZR 111/13
AG Cottbus - Urteil vom 12. April 2012 – 43 C 393/11
LG Cottbus - Urteil vom 27. März 2013 – 1 S 86/12
Die Beklagte ist Eigentümerin eines Grundstücks in Cottbus. Sie entnahm von der Klägerin bereitgestellte Fernwärme für ihr Grundstück. Mit einer "Vertragsbestätigung" begrüßte die Klägerin die Beklagte daraufhin als neue Kundin, mit der ein Vertrag nach § 2 der AVBFernwärmeV* zustande gekommen sei. Sie übersandte der Beklagten mit weiterem Schreiben vom 19. September 2008 den Entwurf eines Versorgungsvertrages. Dieser sah eine dreijährige Vertragslaufzeit sowie dessen Verlängerung um je ein Jahr vor, sofern der Vertrag nicht mit einer Frist von neun Monaten gekündigt würde.
Die Beklagte unterzeichnete diesen Vertrag nicht. Sie erklärte im März 2009 "mit sofortiger Wirkung" die Kündigung des Vertrags. Die Klägerin meint, der Vertrag ende erst im September 2010, weil in ihren Ergänzenden Allgemeinen Versorgungsbedingungen eine Mindestlaufzeit von einem Jahr und eine Kündigungsfrist von sechs Monaten vor Ablauf der jeweiligen Vertragszeit für den Kunden vorgesehen seien. Für den Zeitraum vom 28. März 2009 bis 29. Oktober 2009 begehrt die Klägerin Zahlung von 4.633,19 Euro nebst Zinsen und Mahngebühren. Der Betrag beinhaltet unter anderem den für den Abrechnungszeitraum angefallenen Grundpreis sowie den "Verrechnungspreis Heizwasser". Die Beklagte hatte in diesem Zeitraum keine Fernwärme entnommen.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin könne für den streitigen Zeitraum kein Entgelt verlangen. Der durch die Entnahme der Fernwärme konkludent geschlossene Vertrag sei durch die Kündigung der Beklagten zum 31. März 2009 beendet worden. Eine längere Kündigungsfrist sei nicht vereinbart worden. Auf ihre Allgemeinen Vertragsbedingungen könne sich die Klägerin nicht berufen, da diese weder gemäß § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV* noch aufgrund der "Vertragsbestätigung" oder des Schreibens vom 19. September 2008 Vertragsbestandteil geworden seien. Auch aus § 32 Abs. 1 Satz 2 AVBFernwärmeV** ergebe sich keine Kündigungsfrist von neun Monaten. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift beschränke sich auf Verträge mit einer – vorliegend nicht vereinbarten – festen Laufzeit. Der Vorschrift lasse sich auch nicht entnehmen, dass der Verordnungsgeber generell eine neunmonatige Kündigungsfrist von Fernwärmeversorgungsverträgen habe anordnen wollen.
Mit der vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils bezüglich des für den Abrechnungszeitraum von der Klägerin begehrten Grundpreises sowie des "Verrechnungspreises Heizwasser" nebst Mahnkosten und Zinsen.
Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV)
* § 2 Vertragsabschluß
(1) Der Vertrag soll schriftlich abgeschlossen werden. Ist er auf andere Weise zustande gekommen, so hat das Fernwärmeversorgungsunternehmen den Vertragsabschluss dem Kunden unverzüglich schriftlich zu bestätigen. (…).
(2) Kommt der Vertrag dadurch zustande, dass Fernwärme aus dem Verteilungsnetz des Fernwärmeversorgungsunternehmens entnommen wird, so ist der Kunde verpflichtet, dies dem Unternehmen unverzüglich mitzuteilen. Die Versorgung erfolgt zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen. (…)
** § 32 Laufzeit des Versorgungsvertrages, Kündigung
(1) Die Laufzeit von Versorgungsverträgen beträgt höchstens zehn Jahre. Wird der Vertrag nicht von einer der beiden Seiten mit einer Frist von neun Monaten vor Ablauf der Vertragsdauer gekündigt, so gilt eine Verlängerung um jeweils weitere fünf Jahre als stillschweigend vereinbart.(…)
Verhandlungstermin: 4. Dezember 2013
VIII ZR 5/13
AG Berlin-Charlottenburg - Urteil vom 28. März 2012 – 212 C 188/11
LG Berlin - Urteil vom 14. Dezember 2012 – 65 S 176/12
Der Beklagte mietete von dem Rechtsvorgänger der Klägerin im Jahr 1994 eine Wohnung in Berlin. Im Mietvertrag heißt es: "Eine Untervermietung bis zu zwei Personen ist gestattet. Diese Untervermietungsgenehmigung kann widerrufen werden. Bei Aufgabe der Wohnung sind die Untermieter zum gleichen Zeitpunkt zu entfernen".
Im Jahr 2010 erwarb die Klägerin das Eigentum an der Wohnung. Im Dezember 2011 widerrief sie die Untervermietungserlaubnis und kündigte zugleich das Mietverhältnis gegenüber dem Beklagten wegen unerlaubter Untervermietung fristlos. Zu diesem Zeitpunkt führte der Beklagte im Anschluss an eine von ihm ausgesprochene Kündigung bereits einen Räumungsprozess gegen seine Untermieter, denen er seit 2002 die Wohnung untervermietet hatte. Im Februar 2012 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis erneut.
Das Amtsgericht hat die Räumungsklage der Klägerin abgewiesen. Das Landgericht hat ihr stattgegeben und ausgeführt, das Mietverhältnis sei durch die Kündigung der Klägerin gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB*, § 542 BGB** beendet worden. Der Beklagte habe mit der weiteren Gebrauchsüberlassung der Wohnung an die Untermieter in schwerwiegender Weise gegen seine mietvertraglichen Pflichten verstoßen. Zwischen der als Abmahnung zu wertenden Kündigungserklärung vom Dezember 2011 und der Kündigung im Februar 2012 habe ein ausreichend langer Zeitraum gelegen, um die Gebrauchsüberlassung zu beenden. Dass dem Beklagten die Beendigung der Gebrauchsüberlassung wegen der Langwierigkeit des Untermietverhältnisses und der faktisch vollständigen Überlassung der Wohnung an die Untermieter so schnell nicht möglich gewesen sei, sei ein von ihm zu tragendes Risiko.
Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
* § 543 BGB
(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund kündigen. (…)
(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn (…)
2. der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache (…) unbefugt einem Dritten überlässt.
§ 542 BGB
(1) Ist die Mietzeit nicht bestimmt, so kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis nach den gesetzlichen Vorschriften kündigen.
Verhandlungstermin: 17. Dezember 2013
KZR 65/12
LG Kiel - Urteil vom 3. Februar 2012 - 14 O 83/10 Kart
OLG Schleswig - Urteil vom 22. November 2012 - 16 U (Kart) 22/12
und
KZR 66/12
LG Kiel - Urteil vom 3. Februar 2012 - 14 O 12/11 Kart
OLG Schleswig - Urteil vom 22. November 2012 - 16 U (Kart) 21/12
Die Parteien streiten über Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an den Elektrizitätsversorgungsnetzen in mehreren schleswig-holsteinischen Gemeinden.
Netzbetreiber in den betroffenen Gebieten war zuletzt die Beklagte, die mit den Gemeinden jeweils Konzessionsverträge über die Nutzung der öffentlichen Verkehrswege zur Verlegung und zum Betrieb von Leitungen abgeschlossen hatte; diese Verträge sind zwischen Ende 2008 und Ende 2012 ausgelaufen. An den Ausschreibungen der Wegerechte zum Netzbetrieb für den Zeitraum danach nahm die Beklagte jeweils ohne Erfolg teil.
Die Klägerin des Verfahrens KZR 65/12, die Stadt Heiligenhafen, entschied sich dafür, den Netzbetrieb durch einen Eigenbetrieb selbst zu übernehmen. Sie verlangt - gestützt auf die Endschaftsbestimmung des abgelaufenen Konzessionsvertrags und gesetzliche Überlassungsansprüche nach § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG aF* - von der Beklagten insbesondere die Übereignung des örtlichen Stromversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung.
Im Verfahren KZR 66/12 entschieden sich 36 Gemeinden der Ämter Sandesneben-Nusse und Berkenthin dafür, der Klägerin, bei der es sich um eine mittelbare Tochtergesellschaft dreier anderer Gemeinden handelt, die Wegerechte einzuräumen. Die Klägerin verlangt - aus abgetretenem und eigenem Recht - insbesondere Übertragung von Eigentum und Besitz an den Stromverteilungsanlagen sowie zuvor Auskunft über deren Bestand.
Nachdem die Parteien sich jeweils nicht über den Umfang der zu übertragenden Anlagen und den Kaufpreis einigen konnten, ist die Beklagte gerichtlich in Anspruch genommen worden. Sie hat Mängel der Auswahlentscheidungen der Gemeinden geltend gemacht und die Übertragung der Netze deshalb verweigert.
Die Vorinstanzen haben die Klagen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat gesetzliche Ansprüche auf Übertragung des Netzes aus § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG aF* verneint, weil die Neuvergaben der Konzessionen jeweils gegen § 46 EnWG aF* und § 20 Abs. 1 GWB** verstießen. Die Gemeinden hätten in einer diskriminierungsfreien Vergabeentscheidung vorrangig die Ziele des § 1 EnWG aF*** berücksichtigen müssen. Maßgeblich für die Auswahlentscheidung seien danach in erster Linie das Niveau der erreichbaren Netzentgelte sowie die Effizienz des Bewerbers und daneben Qualitätskriterien. Erst in zweiter Linie könnten die fiskalischen Interessen der Kommune etwa an der Höhe der Konzessionsabgabe und der Kostenverteilung für Leitungsumlegungen eine Rolle spielen. Die insbesondere politisch motivierten Entscheidungen der Gemeinden für eine Rekommunalisierung genügten diesen Anforderungen nicht. Die Neuvergaben der Konzessionen seien daher nichtig. Dies könne die Beklagte Ansprüchen aus § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG* entgegenhalten. Der Durchsetzung vertraglicher Rechte aus den Endschaftsbestimmungen der ausgelaufenen Konzessionsverträge stehe entgegen, dass darin ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und eine unzulässige Rechtsausübung liege.
Gegen diese Beurteilung haben die Kläger jeweils Revision eingelegt. Sie machen insbesondere geltend, die Gemeinden hätten über den neuen Konzessionsnehmer frei entscheiden können, wobei im Übrigen die Ziele des § 1 EnWG tatsächlich berücksichtigt worden seien.
* § 46 EnWG aF – Wegenutzungsverträge
(vom 13. Juli 2005 bis 3. August 2011 geltende Fassung)
(1) 1Gemeinden haben ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, einschließlich Fernwirkleitungen zur Netzsteuerung und Zubehör, zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet diskriminierungsfrei durch Vertrag zur Verfügung zu stellen.2Unbeschadet ihrer Verpflichtungen nach Satz 1 können die Gemeinden den Abschluss von Verträgen ablehnen, solange das Energieversorgungsunternehmen die Zahlung von Konzessionsabgaben in Höhe der Höchstsätze nach § 48 Abs. 2 verweigert und eine Einigung über die Höhe der Konzessionsabgaben noch nicht erzielt ist.
(2) 1Verträge von Energieversorgungsunternehmen mit Gemeinden über die Nutzung öffentlicher Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören, dürfen höchstens für eine Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen werden.2Werden solche Verträge nach ihrem Ablauf nicht verlängert, so ist der bisher Nutzungsberechtigte verpflichtet, seine für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen dem neuen Energieversorgungsunternehmen gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung zu überlassen.
(3) 1Die Gemeinden machen spätestens zwei Jahre vor Ablauf von Verträgen nach Absatz 2 das Vertragsende durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger bekannt.2Wenn im Gemeindegebiet mehr als 100000 Kunden unmittelbar oder mittelbar an das Versorgungsnetz angeschlossen sind, hat die Bekanntmachung zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union zu erfolgen.3Beabsichtigen Gemeinden eine Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 vor Ablauf der Vertragslaufzeit, so sind die bestehenden Verträge zu beenden und die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende öffentlich bekannt zu geben.4Vertragsabschlüsse mit Unternehmen dürfen frühestens drei Monate nach der Bekanntgabe der vorzeitigen Beendigung erfolgen.5Sofern sich mehrere Unternehmen bewerben, macht die Gemeinde bei Neuabschluss oder Verlängerung von Verträgen nach Absatz 2 ihre Entscheidung unter Angabe der maßgeblichen Gründe öffentlich bekannt.
(4) Die Absätze 2 und 3 finden für Eigenbetriebe der Gemeinden entsprechende Anwendung.
(5) Die Aufgaben und Zuständigkeiten der Kartellbehörden nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bleiben unberührt.
** § 20 GWB aF - Diskriminierungsverbot, Verbot unbilliger Behinderung
(bis 29. Juni 2013 geltende Fassung)
(1) Marktbeherrschende Unternehmen […] dürfen ein anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar noch mittelbar unbillig behindern oder gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln.
[…]
*** § 1 EnWG aF - Zweck des Gesetzes
(vom 13. Juli 2005 bis 3. August 2011 geltende Fassung)
(1) Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.
[…]
Verhandlungstermin: 17. Dezember 2013
XI ZR 66/13
LG Frankfurt am Main - Urteil vom 2. April 2012 – 2-19 O 409/11
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 23. Januar 2013 – 17 U 54/12
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte ist eine Bank.
Der Kläger macht mit der Unterlassungsklage nach §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG die Unwirksamkeit folgender, von der Beklagten in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis verwendeten Klausel geltend:
"Nacherstellung von Kontoauszügenpro Auszug15,00 EUR"
Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel verstoße gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB*, § 675d Abs. 3 Satz 2 BGB**, und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Verbrauchern zu unterlassen. Zur Begründung führt er unter anderem an, die Klausel benachteilige die Kunden der Beklagten unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil das von der Beklagten für die Nacherstellung von Kontoauszügen verlangte Entgelt weder angemessen noch an den tatsächlichen Kosten ausgerichtet sei. Genau das verlange aber der seit dem 31. Oktober 2009 geltende § 675d Abs. 3 Satz 2 BGB**.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers hin stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die angegriffene Klausel unterliege der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB*, weil es sich bei ihr um eine kontrollfähige Preisnebenabrede handele. Die Klausel regele eine Zusatzleistung, die in untrennbarem Zusammenhang mit der eingegangenen Verpflichtung der kontoführenden Bank aus dem Girovertrag zur Auskunftserteilung stehe und auf die der Bankkunde einen Anspruch habe. Die Klausel benachteilige den Vertragspartner des Verwenders zudem entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB*). Nach dem eigenen Zahlen- und Datenwerk der Beklagten belaufe sich der Kostenaufwand in 83% der Fälle, in denen ein Kontoauszugsduplikat vor Ablauf von sechs Monaten verlangt werde, auf lediglich 10,24 EUR. Die Beklagte lege die in lediglich 17% der Fälle, in denen das Kontoauszugsduplikat nach Ablauf dieses Zeitraums beansprucht werde, nach ihrer Darstellung entstehenden höheren Kosten für die Erstellung eines Ersatzkontoauszugs auf die Kunden um, deren gesteigertes Informationsbedürfnis nahezu 50% (richtig: 30%) weniger Kosten verursache. Damit werde eine überdurchschnittlich hohe Anzahl von Kunden mit unangemessenen Kosten belastet. Der Kostenansatz orientiere sich insoweit nicht an den der Beklagten tatsächlich entstandenen Kosten für das Erbringen der Information.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
* § 307 BGB
Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
** § 675d BGB
Unterrichtung bei Zahlungsdiensten
(1) Zahlungsdienstleister haben Zahlungsdienstnutzer bei der Erbringung von Zahlungsdiensten über die in Artikel 248 §§ 1 bis 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Umstände in der dort vorgesehenen Form zu unterrichten. Dies gilt nicht für die Erbringung von Zahlungsdiensten in der Währung eines Staates außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums oder die Erbringung von Zahlungsdiensten, bei denen der Zahlungsdienstleister des Zahlers oder des Zahlungsempfängers außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums belegen ist.
(2) …
(3) Für die Unterrichtung darf der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsdienstnutzer nur dann ein Entgelt vereinbaren, wenn die Information auf Verlangen des Zahlungsdienstnutzers erbracht wird und der Zahlungsdienstleister
1. diese Information häufiger erbringt, als in Artikel 248 §§ 1 bis 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehen,
2. eine Information erbringt, die über die in Artikel 248 §§ 1 bis 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgeschriebenen hinausgeht, oder
3. diese Information mithilfe anderer als der im Zahlungsdiensterahmenvertrag vereinbarten Kommunikationsmittel erbringt.
Das Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.
(4) …
Verhandlungstermin: 10. Januar 2014
V ZR 275/12
LG Berlin – Urteil vom 15. März 2011 – 5 O 464/09
Kammergericht – Urteil vom 22. Oktober 2012 – 20 U 92/12
Begrenzung der Schadensersatzpflicht des Verkäufers bei unverhältnismäßig hohen Mängelbeseitigungskosten?
Mit notariellem Vertrag vom 29. März 2004 kauften die Klägerin und eine weitere Person von den beiden Beklagten ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 260.000 €. Nach Übergabe stellten die Käufer fest, dass das Gebäude mit echtem Hausschwamm befallen ist. Der Verkehrswert des Anwesens betrug – wie das Kammergericht später feststellte – bei Vertragsschluss in mangelfreiem Zustand 600.000 €, im Zustand mit dem Hausschwammbefall hingegen nur 507.202 €. Das Landgericht erließ ein rechtskräftiges Grundurteil, wonach die Beklagten dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sind. Im anschließenden Betragsverfahren verurteilte es sie zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 134.129,86 €. Ferner stellte es fest, dass die Beklagten verpflichtet sind, auch den weitergehenden durch den Hausschwamm hervorgerufenen Schaden zu ersetzen. Das Urteil ist ebenfalls rechtskräftig.
Nach der Vornahme weiterer Sanierungsmaßnahmen verlangt die Klägerin von den Beklagten nunmehr den Ersatz eines weitergehenden Teilschadens in Höhe von 499.728,86 €. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Das Kammergericht hat in den Gründen u. a. ausgeführt, dass eine Begrenzung der Ersatzpflicht der Beklagten nicht in Betracht komme. Bei der Prüfung der Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten sei nicht von dem Kaufpreis, sondern von dem Verkehrswert des mangelfreien Grundstücks ohne Schwammbefall auszugehen. Dieser liege bei 600.000 €, während die Schadensersatzzahlungen, zu denen die Beklagten bislang verurteilt worden seien, sich auf insgesamt 639.230,38 € beliefen und damit nur ca. 6% über dem Verkehrswert lägen.
Der Senat hat die Revision, mit der die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen wollen, wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Frage, ob die Schadensersatzpflicht des Verkäufers wegen eines Mangels der Kaufsache (§ 437 Nr. 3 BGB) der Höhe nach begrenzt sein kann, ist bislang nicht geklärt. Vor Inkrafttreten der Schuldrechtsmodernisierung zum 1. Januar 2002 stellte sich diese Frage nicht, da die Schadensersatzpflicht nach § 463 BGB aF auf den mangelbedingten Minderwert der Kaufsache begrenzt war, wenn der Käufer – wie hier – an dem Vertrag festhielt.
Verhandlungstermin: 14. Januar 2014
(Verhandlungstermin: 1. Oktober 2013)
XI ZR 355/12
LG Frankfurt am Main - Urteil vom 1. April 2011 - 2-10 O 369/10
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 10. August 2012 - 10 U 85/11
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte ist eine Privatbank.
Der Kläger macht die Unwirksamkeit einer im Formular "Rahmenvereinbarung für Wertpapiergeschäft" der Beklagten verwendeten Klausel geltend, in der es auszugsweise heißt:
"Der Kunde erklärt sich damit einverstanden, dass die Bank die von den Emittenten an sie geleisteten Vertriebsvergütungen behält, vorausgesetzt, dass die Bank die Vertriebsvergütungen nach den Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (insbesondere § 31 d WpHG) annehmen darf. Insoweit treffen der Kunde und die Bank die von der gesetzlichen Regelung des Rechts der Geschäftsbesorgung (§§ 675, 667 BGB, 384 HGB) abweichende Vereinbarung, dass ein Anspruch des Kunden gegen die Bank auf Herausgabe der Vertriebsvergütungen nicht entsteht."
Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel verstoße gegen § 307 BGB* und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen. Zur Begründung führt er unter anderem an, die Klausel benachteilige die Kunden der Beklagten unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil die Beklagte damit von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Geschäftsbesorgungsvertrages und des Kommissionsgeschäftes abweiche. Zudem verstoße die Klausel gegen das Transparenzgebot.
Das Landgericht hat der Klage - bis auf einen vom Kläger nicht weiterverfolgten geringen Zahlungsantrag - stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Klausel sei nicht zu beanstanden. Satz 1 der Klausel verstoße nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil weder der enthaltene Verweis auf § 31d WpHG** noch derjenige auf die Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes im Allgemeinen zu Unklarheiten führe. Zudem fehle es an einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners. Satz 2 der Klausel halte § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ebenfalls stand, da für den Kunden kein Zweifel daran bestehe, auf welche Rechtsposition er verzichte. Soweit dort darauf hingewiesen werde, dass die gewünschte Vereinbarung des Nichtentstehens eines Anspruchs auf Herausgabe von Vertriebsvergütungen von der gesetzlichen Regelung der §§ 675, 667 BGB, § 384 HGB *** abweiche, sei dieser Hinweis zutreffend. Eine andere Frage sei, ob die dort geregelten Vertriebsvergütungen überhaupt unter die genannten Vorschriften fielen. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass die beanstandete Klausel eine unzutreffende Rechtslage suggeriere, trage sie jedenfalls nicht zur Verunsicherung der Kunden bei, da die Rechtsstellung des Kunden unmissverständlich beschrieben werde. Der weiter erhobene Einwand, der Kunde gebe die gewünschte Erklärung in der Erwartung ab, im Gegenzug entsprechend großzügig behandelt zu werden, finde schon im Text der Regelung keine Stütze.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
* § 307 BGB
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
** 31d WpHG
(1) 1Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen keine Zuwendungen von Dritten annehmen oder an Dritte gewähren, die nicht Kunden dieser Dienstleistung sind, es sei denn,
1.die Zuwendung ist darauf ausgelegt, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern und steht der ordnungsgemäßen Erbringung der Dienstleistung im Interesse des Kunden im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 nicht entgegen und
2.Existenz, Art und Umfang der Zuwendung oder, soweit sich der Umfang noch nicht bestimmen lässt, die Art und Weise seiner Berechnung, wird dem Kunden vor der Erbringung der Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in umfassender, zutreffender und verständlicher Weise deutlich offen gelegt.
2Eine Zuwendung im Sinne des Satzes 1 liegt nicht vor, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen diese von einem Dritten, der dazu von dem Kunden beauftragt worden ist, annimmt oder sie einem solchen Dritten gewährt.
(2) Zuwendungen im Sinne dieser Vorschrift sind Provisionen, Gebühren oder sonstige Geldleistungen sowie alle geldwerten Vorteile.
(3) Die Offenlegung nach Absatz 1 Nr. 2 kann in Form einer Zusammenfassung der wesentlichen Bestandteile der Vereinbarungen über Zuwendungen erfolgen, sofern das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dem Kunden die Offenlegung näherer Einzelheiten anbietet und auf Nachfrage gewährt.
(4) [aufgehoben]
(5) Gebühren und Entgelte, die die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen erst ermöglichen oder dafür notwendig sind, und die ihrer Art nach nicht geeignet sind, die Erfüllung der Pflicht nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zu gefährden, sind von dem Verbot nach Absatz 1 ausgenommen.
*** § 667 BGB
Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.
§ 384 HGB
(1) Der Kommissionär ist verpflichtet, das übernommene Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen; er hat hierbei das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und dessen Weisungen zu befolgen.
(2) Er hat dem Kommittenten die erforderlichen Nachrichten zu geben, insbesondere von der Ausführung der Kommission unverzüglich Anzeige zu machen; er ist verpflichtet, dem Kommittenten über das Geschäft Rechenschaft abzulegen und ihm dasjenige herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat.
(3) Der Kommissionär haftet dem Kommittenten für die Erfüllung des Geschäfts, wenn er ihm nicht zugleich mit der Anzeige von der Ausführung der Kommission den Dritten namhaft macht, mit dem er das Geschäft abgeschlossen hat.
Verkündungstermin: 22. Januar 2014
(Verhandlungstermin: 9. Oktober 2013)
I ZR 72/08
Vermerk:
I ZR 119/09, I ZR 120/09 und I ZR 79/10 (Apotheken-Bonus) = wurden am 9.10.2013 in der Hauptsache erledigt)
I ZR 72/08
LG Darmstadt - 12 O 123/06 - Urteil vom 22. Dezember 2006
OLG Frankfurt/Main - 6 U 26/07 - Urteil vom 29. November 2007,
GRUR-RR 2008, 306 = WRP 2008, 969
BSG - Urteil vom 28. Juli 2008 - B 1 KR 4/08 R, BSGE 101, 161
BGH - Beschluss vom 9. September 2010 - I ZR 72/08,
GRUR 2010, 1130 = WRP 2010, 1485 - Sparen Sie beim Medikamenteneinkauf!
Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes - Beschluss vom 22. August 2012 - GmS-OGB 1/10, BGHZ 194, 354 = GRUR 2013, 417 = WRP 2013, 621 - EU-Versandapotheken
I ZR 119/09
LG München I - Urteil vom 10. Juni 2008 - 9HK O 63/08
OLG München - Urteil vom 2. Juli 2009 - 29 U 3744/08
und
I ZR 120/09
LG München I - Urteil vom 18. Juni 2008 - 1HK O 20716/07
OLG München - Urteil vom 2. Juli 2009 - 29 U 3648/08
und
I ZR 79/10
LG Hamburg - Urteil vom 4. August 2009 - 407 O 82/09
OLG Hamburg - Urteil vom 25. März 2010 - 3 U 126/09
In den zur Verhandlung anstehenden Parallelverfahren hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs abschließend über die Frage zu entscheiden, ob deutsche Arzneimittelpreisvorschriften über den Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel gelten, die von Apotheken mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Wege des Versandhandels in Deutschland in den Verkehr gebracht werden.
Beklagte in den Verfahren I ZR 72/08, I ZR 119/09 und I ZR 120/09 ist eine in den Niederlanden ansässige Apotheke, die im Wege des Internet-Versandhandels Medikamente für den deutschen Markt anbietet. Streitgegenständlich ist jeweils die Gewährung eines Bonus beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente oder deren Bewerbung.
In einem weiteren Parallelverfahren (I ZR 79/10), in welchem das Versandhandelsunternehmen Otto GmbH & Co. KG in Anspruch genommen wird, stellen sich die weitgehend gleichlaufenden Fragen vor dem Hintergrund, dass die Beklagte unter anderem mit einem Einleger in ihrem Katalog für die in den vorgenannten Fällen beklagte Versandhandelsapotheke warb, die ihrerseits in der dargelegten Weise Boni für die Einlösung von Rezepten versprach.
Die Kläger, Betreiber von inländischen Apotheken bzw. Apothekerverbände, haben dies wegen eines Verstoßes gegen die im Arzneimittelrecht für verschreibungspflichtige Arzneimittel geltenden Preisbindungsvorschriften beanstandet und die beklagte Versandhandelsapotheke auf Unterlassung der Ankündigung und Gewährung der Boni in Anspruch genommen bzw. von dem beklagten Versandhandelsunternehmen verlangt, es zu unterlassen, die Versandhandelsapotheke zu empfehlen. Die Berufungsgerichte haben den hierauf gerichteten Klagen jeweils stattgegeben.
Der I. Zivilsenat hat mit Beschluss vom 9. September 2010 das Ausgangsverfahren I ZR 72/08 wegen einer beabsichtigten Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, das 2008 in anderem Zusammenhang entschieden hatte, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht nicht für Versandhandelsapotheken gilt, die aus dem europäischen Ausland Arzneimittel an deutsche Verbraucher schicken, ausgesetzt und die entscheidungserhebliche Frage dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorgelegt (vgl. Pressemitteilungen Nr. 172/2010 und Nr. 127/2012).
Mit seinem Beschluss vom 22. August 2012 hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes die Anwendbarkeit der deutschen Vorschriften für den Apothekenabgabepreis auf verschreibungspflichtige Arzneimittel, die Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Wege des Versandhandels nach Deutschland an Endverbraucher abgeben, bejaht. Nach der Überzeugung des Gemeinsamen Senats unterwirft das deutsche Preisrecht die im Wege des Versandhandels durch eine Versandapotheke aus dem EU-Ausland an Endverbraucher in Deutschland erfolgende Abgabe von apothekenpflichtigen Arzneimitteln der im deutschen Recht vorgesehenen Preisbindung. Danach unterscheiden die maßgebenden arzneimittelrechtlichen Vorschriften, die den einheitlichen Apothekenabgabepreis bestimmen, nicht nach der Abgabe durch eine öffentliche Apotheke im üblichen Apothekenbetrieb oder im Versand oder nach dem Sitz der Apotheke im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union. Sie sähen vielmehr nach näherer Maßgabe der Arzneimittelpreisverordnung für alle apothekenpflichtigen Arzneimittel, die nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind, einen einheitlichen Apothekenabgabepreis vor, sofern die Abgabe - gleichgültig ob in einer inländischen öffentlichen Apotheke oder im Versand durch eine im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässige Apotheke - im Inland erfolge.
Mit der von den Berufungsgerichten jeweils zugelassenen Revision erstreben die Beklagten weiter die Abweisung der Klage.
Verkündungstermin: 22. Januar 2014
(Verhandlungstermin: 18. September 2013)
I ZR 86/12 (Laufbildschutz vor 1966)
LG Berlin - Urteil vom 20. Mai 2011 - 15 O 573/10
KG - Urteil vom 28. März 2012 - 24 U 81/11,
ZUM-RD 2012, 321
Die Parteien streiten über die angebliche Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte an einer Filmaufnahme. Der Kameramann Herbert Ernst hatte nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag der Kläger am 17. August 1962 das Sterben und den Abtransport des Peter Fechter, der bei seinem Fluchtversuch aus der DDR von Soldaten der NVA an der Ostberliner Seite der Berliner Mauer nahe des sogenannten Checkpoint Charly angeschossen worden war, von der Westberliner Seite der Berliner Mauer aus gefilmt. Er hat den Klägern mit Vereinbarung vom 22. April 2010 rückwirkend auf den Tag der Filmaufnahme die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Filmmaterial und das Recht, Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Schadensersatz und Bereicherungsausgleich im eigenen Namen geltend zu machen und einzuklagen, eingeräumt.
Die Kläger behaupten, die beklagte Rundfunkanstalt habe diese Aufnahmen unter anderem am 13. August 2010 in der Berliner Abendschau in einem Filmbeitrag gesendet und die Filmaufnahmen auch auf ihrer Internetseite zum Abruf zur Verfügung gestellt. Sie haben die Beklagte daher auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Wertersatzpflicht begehrt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, die streitgegenständliche Filmaufnahme sei nicht als Filmwerk und die Filmeinzelbilder seien nicht als Lichtbildwerke geschützt, da es sich dabei lediglich um dokumentierende Aufnahmen und nicht um persönliche geistige Schöpfungen handele. An der Filmaufnahme bestehe auch kein Leistungsschutzrecht für Laufbilder, da diese vor Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes am 1. Januar 1966 entstanden und zu diesem Zeitpunkt nicht als Laufbilder geschützt gewesen seien. Offengelassen hat das Berufungsgericht, ob Leistungsschutzrechte an Filmeinzelbildern nach § 72 UrhG das Recht zur Verwertung der Einzelbilder in Form des Films umfassen, da solche Ansprüche jedenfalls verwirkt seien, nachdem Herr Ernst über 48 Jahre keine Ansprüche geltend gemacht habe, obwohl derartige Filmaufnahmen vom Tod des Peter Fechter wiederholt gesendet worden seien. Das Berufungsgericht ist dabei davon ausgegangen, dass urheberrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Bereicherungsausgleich auch mit Wirkung für die Zukunft verwirkt sein könnten.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.
Verhandlungstermin: 24. Januar 2014
V ZR 48/13
LG Aachen – Urteil vom 19. Dezember 2011 – 11 O 279/11
OLG Köln - Urteil vom 11. September 2012 – 3 U 7/12
Kann eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss den Betrieb einer Mobilfunkanlage auf dem gemeinsamen Gebäude gestatten?
Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft fassten 2010 mehrheitlich den Beschluss, einem Unternehmen die Aufstellung und den Betrieb einer Mobilfunkanlage auf dem Dach der Wohnungseigentumsanlage zu gestatten. Die Klägerin, der im Zeitpunkt der Beschlussfassung u.a. eine Dachgeschosswohnung gehörte, ist damit nicht einverstanden. Der von ihr gegen den Beschluss erhobenen Anfechtungsklage haben beide Vorinstanzen im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, die Anbringung der Mobilfunkanlage sei eine bauliche Veränderung, die nach § 22 Abs. 1 WEG der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedurft hätte, weil die Klägerin durch die Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werde. Der wissenschaftliche Streit um die Gesundheitsgefahren von Mobilfunkanlagen führe zu Beeinträchtigungen bei der Vermietbarkeit und hinsichtlich des Verkehrswerts der Eigentumswohnung. Das müsse die Klägerin nicht hinnehmen.
Mit der Revision möchten die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.
* § 22 Abs. 1 WEG
Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden.
* § 14 WEG
Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet:
1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst;
…
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt – EuGH-Vorlage
(Verkündungstermin: 9. Juli 2013)
(Verhandlungstermin: 30. April 2013)
KZR 15/12
OLG München - Urteil vom 9. Februar 2012 - U 3283/11 Kart,
juris
LG München I - Urteil vom 13. Juli 2011 - 37 O 20080/10
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das unter anderem Telefongeräte herstellt. Sie verlangt von den beiden Beklagten internen Ausgleich nach Zahlung einer Geldbuße, die die Europäische Kommission gegen alle drei Parteien als Gesamtschuldner verhängt hat.
Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu 2, die im August 2004 sämtliche Anteile an der Beklagten zu 1 erwarb. Zu diesem Zeitpunkt nahmen Beschäftigte der Beklagten zu 1 bereits seit einigen Monaten an Kartellabsprachen zum Vertrieb von Calciumcarbid teil, die sie ab Juli 2005 auf den Vertrieb von Magnesiumgranulat ausweiteten. Ab November 2006 veräußerte die Klägerin ihre Anteile an der Beklagten zu 2, bis sie zum 22. Juli 2007 vollständig ausschied.
Mit Entscheidung vom 22. Juli 2009 verhängte die Europäische Kommission (COMP/39.396, K(2009) 5791 endg) gegen die Klägerin und die Beklagten als Gesamtschuldner eine Geldbuße in Höhe von 13,3 Mio. Euro wegen Zuwiderhandlung gegen das europäische Kartellrecht im Zeitraum vom 22. April 2004 (Beklagte zu 1) bzw. 30. August 2004 (Beklagte zu 2 und Klägerin) bis zum 16. Januar 2007. Die Klägerin und die Beklagten haben die Verhängung der Geldbuße vor dem Gericht der Europäischen Union angefochten; das Gericht hat noch nicht entschieden.
Die Klägerin zahlte auf die (schon vor Rechtskraft fällige) Geldbuße und angefallene Zinsen etwa 6,8 Mio. Euro. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt sie von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Erstattung dieses Betrags. Sie ist der Ansicht, dass die Geldbußen im Innenverhältnis von den Beklagten zu tragen seien, da sie, die Klägerin, sich nicht selbst an dem Kartell beteiligt habe.
Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Innenausgleich unterliege deutschem Recht. Danach habe die Klägerin die Geldbuße im Innenverhältnis allein zu tragen, weil ihr mögliche wirtschaftliche Erfolge aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten - durch Gewinnausschüttungen oder Wertsteigerung der von ihr gehaltenen Geschäftsanteile - zugeflossen seien. Ob das Kartell tatsächlich eine Rendite bewirkt habe, sei unerheblich. Auf Verursachungs- oder Verschuldensbeiträge komme es nicht an. Schadensersatzansprüche der Klägerin bestünden nicht.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren in voller Höhe weiter. Sie macht geltend, nach deutschem Recht hätten im Innenverhältnis allein die Beklagten die Geldbuße zu tragen. Hilfsweise beantragt sie, die Beklagten jeweils zur Zahlung eines Drittels der Klagesumme zu verurteilen. Diesen Antrag stützt sie auf die Rechtsprechung des Gerichts der Europäischen Union, das die Auffassung vertritt, nur die Kommission dürfe die Ausgleichspflicht im Innenverhältnis regeln und mangels einer ausdrücklichen Regelung habe jeder Gesamtschuldner den gleichen Anteil zu tragen.
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 9. Juli 2013 folgenden Tenor zur EuGH-Vorlage verkündet:
1. Muss die Kommission in einer Entscheidung, mit der sie wegen eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV eine Geldbuße gegen mehrere natürliche oder juristische Personen als Gesamtschuldner verhängt, auch eine abschließende Regelung zu der Frage treffen, in welchem Verhältnis die Geldbuße intern auf die einzelnen Gesamtschuldner aufzuteilen ist?
2. Für den Fall, dass Frage 1 zu bejahen ist:
a) Ist eine Entscheidung der Kommission, die keine ausdrückliche Anordnung zur Verteilung im Innenverhältnis enthält, dahin auszulegen, dass die Geldbuße intern von allen Gesamtschuldnern zu gleichen Teilen zu tragen ist?
b) Für den Fall, dass Frage 2 a zu verneinen ist:
Kann die Entscheidungslücke, die entsteht, wenn die Kommission die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis nicht regelt, durch die Gerichte der Mitgliedstaaten geschlossen werden, ohne dass es einer ergänzenden Entscheidung der Kommission bedarf?
3. Für den Fall, dass Frage 1 zu verneinen oder Frage 2 b zu bejahen ist:
Enthält das Unionsrecht Vorgaben zu der Frage, wie die Geldbuße im Innenverhältnis auf die Gesamtschuldner zu verteilen ist?
4. Für den Fall, dass Frage 1 oder Frage 3 zu bejahen ist:
Kann ein Gesamtschuldner, der die Geldbuße ganz oder teilweise gezahlt hat, Ausgleichsansprüche gegen die anderen Gesamtschuldner schon geltend machen, bevor eine rechtskräftige Entscheidung über ein gegen die Festsetzung der Geldbuße eingelegtes Rechtsmittel ergangen ist?
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
(Verkündungstermin: EuGH-Vorlage)
(Verkündungstermin: 5. Dezember 2012)
(Verkündungstermin: 20. September 2012)
(Verhandlungstermin: 12. Juli 2012)
I ZR 36/11 (So wichtig wie das tägliche Glas Milch!)
LG Stuttgart – Urteil vom 31. Mai 2010 – 34 O 19/10 KfH
OLG Stuttgart – Urteil vom 3. Februar 2011 – 2 U 61/10
Die Beklagte stellt Milcherzeugnisse her und vertreibt einen Früchtequark mit der Bezeichnung "Monsterbacke". Auf dessen Verpackungsoberseite verwendet die Beklagte den Slogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch!". Die Klägerin hält dies für irreführend im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG* in Verbindung mit Art. 9 und 10** Health-Claim-Verordnung, weil der Werbeslogan sowohl nährwert- als auch gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel enthalte, weiter erforderliche Angaben aber fehlten. Im Übrigen sei der Slogan irreführend im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG* in Verbindung mit § 11 Abs. 1 LFBG***, weil nicht auf den gegenüber Milch erheblich erhöhten Zuckergehalt hingewiesen werde. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht (ZLR 2011, 352) hat die Beklagte zur Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten verurteilt, weil der Verkehr annehme, der Verzehr des Früchtequarks weise ähnliche Vorteile und keine anderen Nachteile für die Ernährung auf wie ein Glas Milch. Andere Nachteile würden sich jedoch aus der größeren Zuckermenge in dem Produkt der Beklagten ergeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
§ 4 UWG - Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen
Unlauter handelt insbesondere, wer
1.geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen;
2.geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, geistige oder körperliche Gebrechen, das Alter, die geschäftliche Unerfahrenheit, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen;
3.den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert;
4.bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt;
5.bei Preisausschreiben oder Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen nicht klar und eindeutig angibt;
6.die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder der Dienstleistung verbunden;
7.die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
8.über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
9.Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
10.Mitbewerber gezielt behindert;
11.einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
Art. 9 und 10 Health-Claim-Verordnung:
9) Es gibt eine Vielzahl von Nährstoffen und anderen Substanzen — unter anderem Vitamine, Mineralstoffe einschließlich Spurenelementen, Aminosäuren, essenzielle Fettsäuren, Ballaststoffe, verschiedene Pflanzen- und Kräuterextrakte und andere — mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung, die in Lebensmitteln vorhanden und Gegenstand entsprechender Angaben sein können.
Daher sollten allgemeine Grundsätze für alle Angaben über Lebensmittel festgesetzt werden, um ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, dem Verbraucher
die notwendigen Informationen für eine sachkundige Entscheidung zu liefern und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Lebensmittelindustrie zu schaffen.
(10) Lebensmittel, die mit entsprechenden Angaben beworben werden, können vom Verbraucher als Produkte wahrgenommen werden, die gegenüber ähnlichen oder anderen Produkten, denen solche Nährstoffe oder andere Stoffe nicht zugesetzt sind, einen nährwertbezogenen, physiologischen oder anderweitigen gesundheitlichen Vorteil bieten. Dies kann den Verbraucher zu Entscheidungen veranlassen, die die Gesamtaufnahme einzelner Nährstoffe oder anderer Substanzen unmittelbar in einer Weise beeinflussen, die den einschlägigen wissenschaftlichen Empfehlungen widersprechen könnte. Um diesem potenziellen unerwünschten Effekt entgegenzuwirken, wird es für angemessen erachtet, gewisse Einschränkungen für Produkte, die solche Angaben tragen, festzulegen. In diesem Zusammenhang sind Faktoren wie das Vorhandensein von bestimmten Substanzen in einem Produkt oder das Nährwertprofil eines Produkts ein geeignetes Kriterium für die Entscheidung, ob das Produkt Angaben tragen darf. Die Verwendung solcher Kriterien auf nationaler Ebene ist zwar für den Zweck gerechtfertigt, dem Verbraucher sachkundige Entscheidungen über seine Ernährung zu ermöglichen, könnte jedoch zu Behinderungen des innergemeinschaftlichen Handels führen und sollte daher auf Gemeinschaftsebene harmonisiert werden. Gesundheitsbezogene Information und Kommunikation zur Unterstützung von Botschaften der nationalen Behörden oder der Gemeinschaft über die Gefahren des Alkoholmissbrauchs sollten nicht von dieser Verordnung erfasst werden.
§ 11 LFBG (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände und Futtermittelgesetzt) - Vorschriften zum Schutz vor Täuschung
(1) Es ist verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn
1.bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden,
2.einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind,
3.zu verstehen gegeben wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften hat, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften haben,
4.einem Lebensmittel der Anschein eines Arzneimittels gegeben wird.
….
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 12. Juli 2012 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung der Art. 10 Abs. 1 und 2, Art. 28 Abs. 5, Art. 29 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert und gesundheits-bezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. Nr. L 404 vom 30. Dezember 2006, S. 9) in der zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 116/2010 der Kommission vom 9. Februar 2010 (ABl. Nr. L 37 vom 10. Februar 2010, S. 16) geänderten Fassung folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Mussten die Hinweispflichten nach Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bereits im Jahre 2010 befolgt werden?
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
I ZR 89/09 – Wettbewerbsrecht
LG Wiesbaden – Urteil vom 28. März 2007 – 11 O 56/06
OLG Frankfurt – Urteil vom 4. Juni 2009 – 6 U 93/07
siehe auch bereits entschiedene Verfahren:
Verkündungstermin: 28. September 2011
(vorher: Verkündungstermin: 7. Juli 2011)
(Verhandlungstermin: 17. März 2011)
I ZR 189/08 – Wettbewerbsrecht = Verkündungstermin 28. September 2011
LG München I – Urteil vom 16. Dezember 2007 – 4 HK O 11552/06
OLG München – Urteil vom 16. Oktober 2008– 29 U 1669/08
I ZR 92/09 – Wettbewerbsrecht = Verkündungstermin: 28. September 2011
LG Wiesbaden – Urteil vom 29. November.2007 – 13 O 119/06
OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 4. Juni 2009 – 6 U 261/06
I ZR 30/10 – Wettbewerbsrecht = Verkündungstermin: 28. September 2011
LG Bremen – Urteil vom 20. Dezember 2007 – 12 O 379/06
OLG Bremen – Urteil vom 29. Januar 2010 – 2 U 4/08
I ZR 43/10 – Wettbewerbsrecht = Verkündungstermin: 28. September 2011
LG Bremen – Urteil vom 31. Juli 2008 – 12 O 333/07
OLG Bremen – Urteil vom 12. Februar 2010 – 2 U 96/08
I ZR 93/10 – Wettbewerbsrecht = Verkündungstermin: 28. September 2011
LG Köln – Urteil vom 9. Juli 2009 - 31 O 599/08
OLG Köln - Urteil vom 12. Mai 2010 – 6 U 142/09
Der Senat hat erneut über die Frage der Wettbewerbswidrigkeit des privaten Angebots von Sportwetten und anderen Wetten (Kasinospielen) im Internet zu befinden. Im Kern der Rechtsstreitigkeiten stehen nunmehr sowohl das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von öffentlichen Glücksspielen als auch das Werbeverbot für öffentliches Glücksspiel unter der Geltung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags. Die von den klagenden Lottogesellschaften auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommenen in- und ausländischen Wettunternehmen präsentierten und bewarben ihr Sportwettenangebot unter ihrem jeweiligen Domainnamen im Internet, welches von Spielern jedenfalls in Deutschland angenommen werden konnte. Ihnen wird jeweils ein Verstoß gegen Vorschriften des Strafgesetzbuchs und des Glücksspielstaatsvertrags vorgeworfen (§ 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 284, 287 StGB und § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV).
Die Instanzgerichte haben unterschiedlich erkannt: Überwiegend haben die Landgerichte und die Berufungsgerichte (OLG Köln, ZfWG 2010, 359; OLG Bremen, ZfWG 2010, 105) den Klagen – teils allerdings nur zweitinstanzlich – vollumfänglich oder im Wesentlichen wegen eines solchen Rechtsverstoßes stattgegeben (OLG Frankfurt am Main, ZfWG 2009, 268; OLG Frankfurt am Main, MMR 2009, 577). Hingegen haben das Landgericht München I und das Oberlandesgericht München die Klage vollumfänglich abgewiesen (I ZR 189/08).
Die Berufungsgerichte - mit Ausnahme des Oberlandesgerichts München (Revision wurde durch den Bundesgerichtshof zugelassen) - haben die Revision zugelassen. Der Bundesgerichtshof wird zu entscheiden haben, ob die Beurteilung der Berufungsgerichte zutreffend ist. Dabei wird er insbesondere darüber zu befinden haben, inwieweit die in Rede stehenden privaten Wettangebote und ihr Bewerben im Internet wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften des Glücksspielsstaatsvertrags unlauter sind und ob mögliche Verbote mit der höherrangigen unionsrechtlichen Dienst- und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 56 AEUV) im Einklang stehen.
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
(Verhandlungstermin: 6. Februar 2013 = EuGH-Vorlage)
I ZR 124/11 (Spielekonsole)
LG München I – Urteil vom 14. Oktober 2009 – 21 O 22196/08 MMR 2010, 341
OLG München – Urteil vom 9. Juni 2011 – 6 U 5037/09
Die Kläger produzieren und vertreiben Videospiele und Videospiel-Konsolen, darunter die Spielekonsole "Nintendo DS" sowie zahlreiche dafür passende urheberrechtlich geschützte Spiele. Für die Konsole "Nintendo DS" bieten die Klägerinnen über eine verbundene Firma mehrere hundert Spiele an, an denen die Klägerinnen die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte haben. Die Spiele werden ausschließlich auf speziellen, nur für die Nintendo DS Konsole passenden Speichermedien angeboten, die in den Kartenschacht der Konsole eingesteckt werden. Die Karten verfügen über einen Speicher, auf dem die Spielsoftware sowie die dazugehörigen Grafik- und Audiodateien gespeichert sind. Ohne eine eingesteckte Karte können Spiele auf der Konsole nicht geladen und abgespielt werden. Die Beklagten boten im Internet Adapter für die Spielkonsole "Nintendo DS" an. Diese Karten sind den Originalkarten in Form und Größe exakt nachgebildet, so dass sie in den Kartenschacht der Konsole passen. Sie verfügen zusätzlich über einen wiederbeschreibbaren Speicher. Nutzer der Konsole können mit Hilfe dieser Adapter im Internet angebotene Raubkopien der Spiele auf der Konsole verwenden. Dazu müssen sie die Kopien der Spiele aus dem Internet herunterladen und auf den Speicher der nachgebildeten Karte übertragen.
Die Klägerinnen sehen in dem Vertrieb der Adapter-Karten einen Verstoß gegen die Vorschriften zum Schutz wirksamer technischer Maßnahmen nach § 95a UrhG. Sie haben die Beklagten daher auf Unterlassung, Auskunft, Vernichtung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage durch Teilurteil stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, den Klägerinnen stehe gegen die Beklagten neben den Ansprüchen auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung nach §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil die von den Beklagten vertriebenen Adapter zur Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen hergestellt und entworfen worden seien. Das Format der Karten diene als technische Maßnahme in erster Linie dem Schutz vor einer unberechtigten Nutzung der auf den Videospielen vorhandenen urheberrechtlich geschützten Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerke. Aus diesem Grund finde § 95a Abs. 3 UrhG Anwendung, obwohl auf den Karten auch Computerprogramme enthalten seien, denen der Schutz des § 95a UrhG nach § 69a Abs. 5 UrhG nicht zugutekomme. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
§ 95a UrhG
(1) Wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines nach diesem Gesetz geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes dürfen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden, soweit dem Handelnden bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass die Umgehung erfolgt, um den Zugang zu einem solchen Werk oder Schutzgegenstand oder deren Nutzung zu ermöglichen.
(2) Technische Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände betreffende Handlungen, die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder einzuschränken. Technische Maßnahmen sind wirksam, soweit durch sie die Nutzung eines geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes von dem Rechtsinhaber durch eine Zugangskontrolle, einen Schutzmechanismus wie Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Umwandlung oder einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellen, unter Kontrolle gehalten wird.
(3) Verboten sind die Herstellung, die Einfuhr, die Verbreitung, der Verkauf, die Vermietung, die Werbung im Hinblick auf Verkauf oder Vermietung und der gewerblichen Zwecken dienende Besitz von Vorrichtungen, Erzeugnissen oder Bestandteilen sowie die Erbringung von Dienstleistungen, die
1. Gegenstand einer Verkaufsförderung, Werbung oder Vermarktung mit dem Ziel der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen sind oder
2. abgesehen von der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen nur einen begrenzten wirtschaftlichen Zweck oder Nutzen haben oder
3. hauptsächlich entworfen, hergestellt, angepasst oder erbracht werden, um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern.
…
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 6. Februar 2013 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtline 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Steht Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG der Anwendung einer Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG ins nationale Recht umsetzenden Vorschrift (hier § 95a Abs. 3 UrhG) entgegen, wenn die in Rede stehende technische Maßnahme zugleich nicht nur Werke oder sonstige Schutzgegenstände, sondern auch Computerprogramme schützt?
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
(Verhandlungstermin: 20. September 2012 - EuGH-Vorlage)
I ZR 69/11 (Digitaler Buchverleih)
LG Frankfurt/Main - Urteil vom 16. März 2011 - 2/06 O 378/10
Die Klägerin ist ein Lehrbuchverlag. Die Beklagte ist eine Universität. In ihrer öffentlich zugänglichen Bibliothek hat sie elektronische Leseplätze eingerichtet, an denen die Bibliotheksnutzer elektronischen Zugang zu bestimmten Lehrbüchern aus dem Bibliotheksbestand haben. Zu diesem Zweck digitalisiert die Beklagte die Bücher. Die Beklagte gestattet es den Bibliotheksnutzern auch, das Buch ganz oder teilweise auf Papier auszudrucken oder auf USB-Sticks abzuspeichern und in dieser Form aus der Bibliothek mitzunehmen. Davon betroffen ist auch ein Buch aus dem Verlag der Klägerin. Auf deren Angebot, Lehrbücher als E-Books zu erwerben und zu nutzen, ist die Beklagte nicht eingegangen.
Die Klägerin ist der Ansicht, eine solche Nutzung der in ihrem Verlag erschienenen Werke durch die Beklagte sei nicht von der Schrankenregelung des § 52b UrhG gedeckt. Mit ihrer Klage möchte es die Klägerin der Beklagten untersagen, Bücher aus ihrem Verlag zu digitalisieren, solange sie selbst bereit ist, der Beklagten zu angemessenen Bedingungen eine Lizenz für die digitale Nutzung einzuräumen. Zudem wendet sie sich uneingeschränkt gegen die von der Beklagten gewährte Möglichkeit, die Bücher an den elektronischen Leseplätzen auszudrucken oder auf einem USB-Stick abzuspeichern.
Die Klage hatte in erster Instanz nur teilweise Erfolg (ZUM 2011, 582). Das Landgericht hat es der Beklagten verboten, ihren Nutzern das Ausdrucken sowie das Speichern des Buches auf USB-Sticks oder anderen Datenträgern zu gestatten. Im Hinblick auf das beantragte Verbot der Digitalisierung von Büchern hat es die Klage jedoch abgewiesen. Die Schrankenbestimmung des § 52b UrhG erlaube es den Bibliotheken, so das Landgericht, urheberrechtlich geschützte Werke zu digitalisieren und sie in dieser Form den Nutzern an Leseplätzen zur Verfügung zu stellen. Dies gelte unabhängig davon, ob der Verlag ein Angebot zum Abschluss eines Lizenzvertrages unterbreite habe. Es sei allerdings nicht zulässig, das Ausdrucken oder das Kopieren auf einen USB-Stick zu gestatten. Beide Parteien haben gegen das Urteil des Landgerichts Sprungrevisionen zum BGH eingelegt. Die Klägerin begehrt die vollumfängliche Verurteilung der Beklagten, die Beklagte will die Abweisung der Klage erreichen.
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 20. September 2012 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Gelten Regelungen über Verkauf und Lizenzen im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG, wenn der Rechtsinhaber den dort genannten Einrichtungen den Abschluss von Lizenzverträgen über die Werknutzung zu an-gemessenen Bedingungen anbietet?
2. Berechtigt Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG die Mitgliedstaaten, den Einrichtungen das Recht einzuräumen, die in ihren Sammlungen enthaltenen Werke zu digitalisieren, wenn das erforderlich ist, um diese Werke auf den Terminals zugänglich zu machen?
3. Dürfen die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Rechte so weit reichen, dass Nutzer der Terminals dort zugänglich gemachte Werke auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick abspeichern können?
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
(Verkündungstermin: 16. Mai 2013 = EuGH-Vorlage)
(Verhandlungstermin: 18. April 2013)
I ZR 46/12 (Framing)
LG München I - Urteil vom 2. Februar 2011 - 37 O 15777/10
OLG München - Urteil vom 16. Februar 2012 - 6 U 1092/11
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Betreiber einer Internetseite eine Urheberrechtsverletzung begeht, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte, die bereits über andere Internetangebote abrufbar sind, in sein eigenes Internetangebot im Wege des "Framing" einbindet.
Die Klägerin, die Wasserfiltersysteme herstellt und vertreibt, ließ zu Werbe¬zwecken einen etwa zwei Minuten langen Film mit dem Titel "Die Realität" herstellen, der sich mit der Wasserverschmutzung befasst. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an diesem Film. Der Film war - nach dem Vorbringen der Klägerin ohne ihre Zustimmung - auf der Videoplattform "YouTube" abrufbar.
Die beiden Beklagten sind als selbständige Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig. Sie unterhalten jeweils eigene Internetseiten, auf denen sie für die von ihnen vertriebenen Produkte werben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie Besuchern ihrer Internetseiten, das von der Klägerin in Auftrag gegebene Video im Wege des "Framing" abzurufen. Bei einem Klick auf einen elektronischen Verweis wurde der Film vom Server der Videoplattform "YouTube" abgerufen und in einem auf den Webseiten der Beklagten erscheinenden Rahmen ("Frame") abgespielt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten hätten das Video damit unberechtigt im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht. Die Klägerin hat die Beklagten daher auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von je 1.000 € an die Klägerin verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das "Framing" stelle kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhG dar, weil sich das von den Beklagten eingebundene Video nicht in deren Zugriffssphäre befinde.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 16. Mai 2013 folgenden Tenor zur EuGH-Vorlage verkündet:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Stellt die Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren vorliegen, eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG dar, auch wenn das fremde Werk damit nicht für ein neues Publikum wiedergegeben wird und die Wiedergabe nicht nach einem spezifischen technischen Verfahren erfolgt, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet?
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt (EuGH-Vorlage
(Verkündungstermin: 17. Oktober 2013)
(Verkündungstermin: 16. Oktober 2013 = verlegt auf 17. Oktober 2013)
(Verhandlungstermin: 4. Juli 2013)
I ZR 51/12 (Davidoff)
LG Magdeburg – Urteil vom 28. September 2011 – 7 O 545/11, ZD 2012, 39
OLG Naumburg – Urteil vom 15. März 2012 – 9 U 208/11, GRUR-RR 2012, 388
Die Klägerin ist Lizenznehmerin für die Herstellung und den Vertrieb von "Davidoff" Parfüms. Ein Dritter bot über die Auktionsplattform eBay im Januar 2011 ein Parfüm unter der Marke "Davidoff" an, das sich als Produktfälschung herausstellte. Nach Auskunft von eBay stammte das Angebot von einer S.F., deren Daten eBay im Einzelnen übermittelte. Als Konto, auf das Zahlungen an den Anbieter erfolgen sollten, war bei eBay ein bei der beklagten Sparkasse geführtes Konto hinterlegt.
Die Klägerin hat behauptet, dass S.F. auf eine Abmahnung hin sämtliche Ansprüche zurückgewiesen habe, weil sie nicht Verkäuferin der Produktfälschungen gewesen sei. Im Übrigen habe sie sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Die Klägerin hat die beklagte Sparkasse daher auf Auskunft über den Kontoinhaber des bei ihr geführten und im Rahmen der Auskunft von eBay benannten Kontos in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar lägen die Voraussetzungen für eine Auskunftserteilung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG vor. Allerdings sei die Beklagte gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Zeugnisverweigerung berechtigt, weil ihr kraft ihres Gewerbes Tatsachen anvertraut würden, deren Geheimhaltung durch ihre Natur geboten sei. Auch eine richtlinienkonforme Auslegung führe zu keinem anderen Ergebnis.
§ 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG
In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
…
3.für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder
…,
es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 der Zivilprozessordnung im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt.
§ 383 Abs. 1 ZPO
Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt:
…
6.Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
(Verkündungstermin: 24. Januar 2013 = EuGH-Vorlage)
(Verhandlungstermin: 22. November 2012)
I ZR 171/10 (Internetglücksspiele aus Gibraltar)
LG Köln - Urteil vom 22. Oktober 2009 - 31 O 552/08
OLG Köln - Urteil vom 3. September 2010 - 6 U 196/09
Die Klägerin ist die staatliche Lotteriegesellschaft Nordrhein-Westfalens. Die Beklagte bietet über das Internet Spiele gegen Geldeinsatz an. Ihren Sitz hat die Beklagte in Gibraltar. Sie verfügt auch über eine Lizenz der Regierung von Gibraltar zur Veranstaltung von Spielen und Glücksspielen. Die Klägerin sieht in dem deutschsprachigen Angebot der Beklagten einen Verstoß gegen Vorschriften des Glückspielstaatsvertrags alter Fassung (a.F.). Mit ihrer Klage will die Klägerin das Angebot der Beklagten gerichtlich verbieten lassen.
Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die Berufung blieb weitgehend ohne Erfolg. Die Beklagte, so das Oberlandesgericht, habe gegen das Verbot nach § 4 Abs. 5, § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. verstoßen, indem sie in verbotener Weise Glücksspiele und Sportwetten im Internet angeboten habe. Dies gelte auch für das Pokerspiel "Texas hold"em", das als Glücksspiel zu bewerten sei. Ebenfalls von dem Verbot seien Glückspiele erfasst, bei denen der Einsatz für ein einzelnes Spiel nur wenige Cent betrage. Die Regelung des GlüStV a.F. stehe auch im Einklang mit dem Europarecht. Die Beklagte will mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Berufung die Abweisung der Klage erreichen.
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 20. September 2012 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 56 AEUV folgende Fragen vorgelegt:
1. Stellt es eine inkohärente Beschränkung des Glücksspielsektors dar,
- wenn einerseits in einem als Bundesstaat verfassten Mitgliedstaat die Veranstaltung und die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet nach dem in der überwiegenden Mehrheit der Bundesländer geltenden Recht grundsätzlich verboten ist und - ohne Rechtsanspruch - nur für Lotterien und Sportwetten ausnahmsweise erlaubt werden kann, um eine geeignete Alternative zum illegalen Glücksspielangebot bereitzustellen sowie dessen Entwicklung und Ausbreitung entgegenzuwirken,
- wenn andererseits in einem Bundesland dieses Mitgliedstaats nach dem dort geltenden Recht unter näher bestimmten objektiven Voraussetzungen jedem Unionsbürger und jeder diesem gleichgestellten juristischen Person eine Genehmigung für den Vertrieb von Sportwetten im Internet erteilt werden muss und dadurch die Eignung der im übrigen Bundesgebiet geltenden Beschränkung des Glücksspielvertriebs im Internet zur Erreichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls beeinträchtigt werden kann?
2. Kommt es für die Antwort auf die erste Frage darauf an, ob die abweichende Rechtslage in einem Bundesland die Eignung der in den anderen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls aufhebt oder erheblich beeinträchtigt? Falls die erste Frage bejaht wird:
3. Wird die Inkohärenz dadurch beseitigt, dass das Bundesland mit der abweichenden Regelung die in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels übernimmt, auch wenn die bisherigen großzügigeren Regelungen des Internetglücksspiels in diesem Bundesland hinsichtlich der dort bereits erteilten Konzessionen noch für eine mehrjährige Übergangszeit fortgelten, weil diese Genehmigungen nicht oder nur gegen für das Bundesland schwer tragbare Entschädigungszahlungen widerrufen werden könnten?
4. Kommt es für die Antwort auf die dritte Frage darauf an, ob während der mehrjährigen Übergangszeit die Eignung der in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels aufgehoben oder erheblich beeinträchtigt wird?
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
(Verhandlungstermin: 30. Juli 2013; Verhandlungstermin wurde aufgehoben wegen Tod einer Partei)
X ZR 135/11
LG Cottbus - Urteil vom 29. Oktober 2010 - 3 O 240/09
OLG Brandenburg - Urteil vom 18. Oktober 2011 - 10 U 6/10
Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung einer Zuwendung, die er an sie während der zwischen den Parteien seit 2003 bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft geleistet hat.
Der Kläger war Inhaber eines Sparbriefs in Höhe von 50.000 € mit Laufzeit bis 27. Oktober 2009. Im Mai 2007 begaben sich die Parteien auf eine mehrmonatige gemeinsame Europareise. Kurz vor dem geplanten Abreisedatum veranlasste der Kläger, dass der Sparbrief über 50.000 € aufgeteilt wurde. Eines der neuen Papiere über einen Betrag von 25.000 € wurde auf den Namen der Beklagten ausgestellt.
Anfang Oktober 2008 trennten sich die Parteien durch Auszug der Beklagten aus der gemeinsamen Wohnung. Mit der Klage hat der Kläger zunächst die Herausgabe des Sparbriefs geltend gemacht und verlangt nunmehr nach Gutschrift des Geldbetrags auf einem Konto der Beklagten die Zahlung von 25.000 € zuzüglich Zinsen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und angenommen, es liege eher eine Schenkung* als eine unbenannte Zuwendung unter Lebensgefährten vor. Der Zuwendung liege weder eine Zweckabrede zugrunde, noch sei die Geschäftsgrundlage** für die Zuwendung weggefallen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.
*§ 516 BGB Begriff der Schenkung
(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
** § 313 BGB Störung der Geschäftsgrundlage
Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
(Verkündungstermin: 9. April 2013 = EuGH-Vorlage)
(Verhandlungstermin: 19. März 2013)
X ZR 105/12
LG Frankfurt am Main – Urteil vom 28. Juni 2012 – 2-24 S 48/12
AG Frankfurt am Main – Urteil vom 3. Februar 2012 – 32 C 1418/11 (18)
Der für das Reise- und Personenbeförderungsrecht zuständige X. Zivilsenat hat über Ausgleichszahlungen einer Flugreisenden nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c*, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c** der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) wegen einer Flugverspätung zu entscheiden.
Die Klägerin buchte bei der Beklagten mit Sitz in der Schweiz einen Flug ab Frankfurt am Main über Zürich nach Yaundé in Kamerun mit Umstieg in Duala. Der Flug von Frankfurt am Main zum Abflughafen des ersten Anschlussflugs war planmäßig, jedoch verspätete sich der Abflug in Zürich um etwas mehr als sechs Stunden. Die Klägerin erreichte den Flug in Duala nicht mehr und wurde mit dem Bus weiterbefördert, der erst gegen Abend des Folgetags in Yaundé eintraf.
Die Klägerin hat eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 € nach der Verordnung geltend gemacht, da sie wegen der Ankunftsverspätung am Endziel nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) bei der Anwendung des Ausgleichsanspruchs den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden müsste. Es liege ein einheitlicher Flug von Frankfurt am Main zum jeweiligen Endziel vor. Daher sei das Amtsgericht Frankfurt am Main als Gericht des maßgeblichen Abflugorts international zuständig und die Verordnung gemäß Art. 3 Abs. 1a der Verordnung*** anwendbar. Soweit man annähme, dass der Anspruch eine Abflugverspätung voraussetze, sei die Abflugverspätung bei dem Anschlussflug ausreichend. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es handele sich um selbständige Flüge, so dass ausschließlich auf den verspäteten Abflug bei dem Anschlussflug ab Zürich abzustellen und die Verordnung nicht anwendbar sei.
Das Amtsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das Urteil mit der Maßgabe abgeändert, dass die zulässige Klage in der Sache keinen Erfolg hat.
Das Landgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht. Bei der Beförderung von Personen im Luftverkehr, bei der der Abflugort für die Zuständigkeit maßgebender Erfüllungsort sein könne, könne auf den ersten vertragsgemäßen Abflugort, hier Frankfurt am Main, als maßgebenden Erfüllungsort auch dann abgestellt werden, wenn sich die Flugverspätung im Rahmen eines Anschlussfluges an einem anderen Ort ereigne. Doch bestehe der geltend gemachte Ausgleichsanspruch nicht, da die Fluggastrechteverordnung nicht anwendbar sei. Denn die Verspätung sei bei dem Anschlussflug und somit nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union eingetreten. Es handele sich nicht um einen einheitlichen Flug von Frankfurt am Main zum Endziel, vielmehr seien drei separate Flüge hintereinandergeschaltet worden, um letztlich das gewünschte Endziel zu erreichen. Ein Anspruch ergäbe sich aber auch dann nicht, wenn man von einem einheitlichen Flug ab Frankfurt ausginge, da eine Abflugverspätung in Frankfurt nicht vorgelegen habe.
Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung weiter. Sie meint, die Fluggastrechteverordnung sei auch bei einem Abflugort in der Schweiz anwendbar.
*Art. 7 der Verordnung [Ausgleichsanspruch]
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:…
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen. …
**Art. 5 der Verordnung [Annullierung]
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen …
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt …
*** Artikel 3 der Verordnung [Anwendungsbereich]
(1) Diese Verordnung gilt
a) für Fluggäste, die auf Flughäfen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegt, einen Flug antreten;
b) sofern das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, für Fluggäste, die von einem Flughafen in einem Drittstaat einen Flug zu einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats, das den Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegt, antreten, es sei denn, sie haben in diesem Drittstaat Gegen- oder Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erhalten. ...
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 9. April 2013 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:
Ist das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr vom 21. Juni 1999 in der Fassung des Beschlusses Nr. 2/2010 des Luftverkehrsausschusses Gemeinschaft/Schweiz vom 26. November 2010 dahin auszulegen, dass die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 entsprechend ihrem Art. 3 Abs. 1 Buchst. a auch für Fluggäste gilt, die auf Flughäfen in der Schweiz einen Flug in einen Drittstaat antreten?
Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt
XI ZR 170/13
AG Bonn - Urteil vom 30. Oktober 2012 – 108 C 271/12
LG Bonn - Urteil vom 16. April 2013 – 8 S 293/12
Die Kläger begehren von der beklagten Bank Rückzahlung eines sog. Bearbeitungsentgelts, das die Beklagte ihnen im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrags berechnet hat.
Die Parteien schlossen im März 2012 einen Online-Darlehensvertrag mit einem Nettokreditbetrag von 40.000 EUR (Gesamtdarlehensbetrag 49.129,71 EUR). Dazu hatten die Kläger die von der Beklagten vorgefertigte und auf deren Internetseite eingestellte Vertragsmaske ausgefüllt, die u. a. folgenden Abschnitt enthielt:
BearbeitungsentgeltEUR
Das Bearbeitungsentgelt wird für die Kapitalüberlassung geschuldet. Das Entgelt wird mitfinanziert und ist Bestandteil des Kreditnennbetrages. Es wird bei der Auszahlung des Darlehens oder eines ersten Darlehensbetrages fällig und in voller Höhe einbehalten.
Die Höhe des Bearbeitungsentgelts war von der Beklagten sodann mit 1.200 EUR berechnet und in das Vertragsformular eingesetzt worden. Die Kläger verlangen mit ihrer Klage die Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts nebst entgangenen Gewinns, Verzugszinsen und Ersatz der Rechtsanwaltskosten.
Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stehe ein Bereicherungsanspruch zu, da die vorgenannte Klausel eine kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingung darstelle und als solche insbesondere gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB* verstoße. Zur Begründung führen sie unter anderem an, die Klausel benachteilige die Kunden der Beklagten unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil die Kreditbearbeitung keine Leistung für den Kunden darstelle, sondern im eigenen Interesse der Bank erfolge.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen – bis auf einen kleinen Teil der Zinsen – erfolgreich gewesen. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Leistung des Bearbeitungsentgelts von 1.200 EUR sei ohne Rechtsgrund erfolgt, da die angegriffene Klausel unwirksam sei. Es handele sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die auch der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB* unterliege, weil sie eine kontrollfähige Preisnebenabrede enthalte. Das Bearbeitungsentgelt habe keinen zinsähnlichen Charakter, sondern bepreise Leistungen, die von der Bank ohnehin zu erbringen seien. Die Klausel benachteilige den Vertragspartner des Verwenders zudem entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB*). Nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB** könne ein Kreditinstitut als Entgelt für die Darlehensgewährung ausschließlich den laufzeitabhängig bemessenen Zins beanspruchen, den es zur Deckung anfallender Kosten zu verwenden habe. Ein gesondertes Entgelt für den im eigenen Interesse und in Erfüllung gesetzlicher Pflichten anfallenden Bearbeitungsaufwand könne dagegen nicht verlangt werden.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Bearbeitungsentgelte für Privatkredite waren (vgl. dazu die Pressemitteilungen 94/2012 und 132/12 zum Verfahren XI ZR 452/11) oder sind (vgl. die Pressemitteilung 36/13 in der Sache XI ZR 405/12) Gegenstand mehrerer beim Senat anhängiger Verfahren.
* § 307 BGB
Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
** § 488 BGB
Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag
(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.
(2) …
(3) …
Termin: noch nicht bestimmt
XI ZR 405/12
OLG Hamm - Urteil vom 17. September 2012 - 31 U 60/12
LG Dortmund - Urteil vom 3. Februar 2012 - 25 O 519//11
Bearbeitungsentgelt für Privatkredite - Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren anhängig
Bei dem u. a. für das Bankrecht zuständigen XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ist unter dem Aktenzeichen XI ZR 405/12 ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren betreffend das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. September 2012 – 31 U 60/12 - (veröffentlicht in juris) anhängig. In den Vorinstanzen ist die beklagte Bank auf die Klage eines Verbraucherschutzvereins verurteilt worden, die weitere Verwendung der in ihrem Preisaushang enthaltenen Klausel über ein Bearbeitungsentgelt für Privatkredite ("Bearbeitungsentgelt einmalig 1%") zu unterlassen. Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Urteil die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen, weil ein Zulassungsgrund im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO* nicht bestehe. Hiergegen hat die Beklagte beim Bundesgerichtshof gemäß § 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO** Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, mit der sie die Zulassung der Revision erstrebt. Über diese Beschwerde - mit der nicht über die Wirksamkeit der streitigen Klausel, sondern ausschließlich über die (Vor-)Frage zu befinden ist, ob die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. September 2012 zuzulassen ist - ist bislang nicht entschieden, weil noch die Stellungnahme des Klägers zum Beschwerdevorbringen der Beklagten aussteht. Sollte der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückweisen, wären die Urteile der Vorinstanzen rechtskräftig; zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof in der Hauptsache käme es dann nicht mehr. Sofern der Bundesgerichtshof der Beschwerde hingegen stattgeben sollte, weil er die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für gegeben erachtet, so wäre - erst - in einem sich hieran anschließenden Revisionsverfahren aufgrund einer sodann anzuberaumenden mündlichen Verhandlung durch den Bundesgerichtshof über die Wirksamkeit der Klausel zu befinden.
*§ 543 Zulassungsrevision
(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie
1. das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2. das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung zugelassen hat.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.
**§ 544
Nichtzulassungsbeschwerde (Auszug)
Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
Termin: noch nicht bestimmt
1 StR 162/13
LG Essen - Urteil vom 13. Dezember 2012 - 59 KLs 1/12
Das Landgericht Essen hat den Angeklagten, einen Volljuristen, wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Zudem hat es wegen eines Geldbetrages von ca. 130.000 € lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
Nach den landgerichtlichen Feststellungen betrieb der gesondert verurteilte Auftraggeber des Angeklagten ab März 2009 ein betrügerisches System zur Vermittlung von sog. Gewinnspieleintragungsdiensten, bei denen den Kunden angeboten wurde, sie gegen einen Teilnehmerbetrag in Gewinnspiele einzutragen. Der Vertrieb der Produkte erfolgte über zumeist in der Türkei ansässige Callcenter. Um eine höhere Abschlussquote zu erreichen, erfolgte der Verkauf auch mittels der sog. "Negativmethode", bei der den Angerufenen der Wahrheit zuwider vorgespiegelt wurde, dass sie bereits Kunden seien. Eine Eintragung der Kunden in Gewinnspiele erfolgte nicht. Nachdem es bei Einzug der Teilnehmerbeträge mittels Lastschrifteinzugs immer häufiger zu Rücklastschriften kam, entschloss sich der gesondert Verurteilte, die Kunden mittels eines "Inkassoanwalts" zu mahnen, um so auf die Empfänger Druck auszuüben und diese dadurch zur Zahlung der unberechtigten Forderungen zu veranlassen. Der gesondert Verurteilte beauftragte den Angeklagten mit dem Entwurf eines Mahnschreibens. In diesen Mahnschreiben teilte der Angeklagte den Kunden mit, dass er mit der Durchsetzung der berechtigten Forderungen gegen sie beauftragt worden sei und dies auch konsequent tun werde. Man behalte sich vor, bei nicht fristgerechter Zahlung den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung wegen des Verdachts des Betruges vorzulegen. Tatsächlich war zwischen dem gesondert Verurteilten und dem Angeklagten vereinbart worden, dass keinesfalls eine gerichtliche Geltendmachung der Forderungen, geschweige denn die Erstattung von Strafanzeigen erfolgen sollte. Vielmehr sollten bei Beschwerden oder "Kündigungen" seitens der Kunden auch bereits geleistete Zahlungen erstattet werden. Dass der Angeklagte Kenntnis vom dem Vertrieb der Produkte mittels der "Negativmethode" oder von der fehlenden Eintragung der Kunden in Gewinnspiele hatte, konnte die Kammer nicht feststellen. Die Mahnschreiben wurden auf Veranlassung des gesondert Verurteilten an über 30.000 Kunden versendet. Aufgrund der Mahnaktion gingen insgesamt ca. 858.000 € auf den vom Angeklagten eingerichteten Konten ein. Als Entlohnung erhielt der Angeklagte im Jahr 2009 insgesamt ca. 130.000 € von dem gesondert Verurteilten. Eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 reichte der Angeklagte nicht ein.
Das Landgericht hat in der Ankündigung der Einschaltung der Staatsanwaltschaft die Drohung mit einem empfindlichen Übel im Sinne des Nötigungstatbestandes gesehen. Da nicht mit Sicherheit habe festgestellt werden können, dass die Kunden nur aufgrund der Androhung einer Strafanzeige und nicht schon aufgrund des Drucks eines anwaltlichen Mahnschreibens gezahlt haben, hat das Landgericht lediglich eine versuchte Nötigung angenommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision, mit der er insbesondere einen Freispruch vom Vorwurf der versuchten Nötigung anstrebt.
Termin: noch nicht bestimmt
3 StR 92/13
Oberlandesgericht Stuttgart - 6 – 2 StE 2/10 - Urteil vom 6. Juli 2012
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Angeklagte Verena Becker wegen Beihilfe zum Mord in drei tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und bestimmt, dass hiervon zwei Jahre und sechs Monate als vollstreckt gelten.
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war die Angeklagte ein führendes Mitglied der "Rote Armee Fraktion (RAF)". Sie beteiligte sich an der Planung des Attentats auf den damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback sowie dessen Begleiter Wolfgang Göbel und Siegfried Wurster, das am 7. April 1977 in Karlsruhe ausgeübt wurde. Nach der Tat nahm sie an der Versendung von Bekennerschreiben sowie daran teil, die Tatwaffe außer Landes zu schaffen.
Die Angeklagte erhebt mit ihrer Revision mehrere Verfahrensrügen und beanstandet die Verletzung materiellen Rechts. Die Nebenkläger Prof. Dr. Michael und Horst Buback wenden sich mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen vor allem dagegen, dass das Oberlandesgericht die Angeklagte nicht wegen mittäterschaftlichen Handelns verurteilt hat.
Termin: noch nicht bestimmt
3 StR 285/13
Kammergericht - (1) 2 StE 11/11-4 (4/11) - Urteil vom 25. Januar 2013
Das Kammergericht hat zwei Angeklagte wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an zwei terroristischen Vereinigungen bzw. einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren bzw. einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt.
Nach den Feststellungen des Kammergerichts radikalisierten sich die Angeklagten und reisten im Jahre 2009 unabhängig voneinander in das Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan. Dort betätigte sich ein Angeklagter zunächst in der Gruppe "Deutsche Taliban Mujahideen (DTM)", einer Gruppierung deutschsprachiger Jihadisten. Ende Juli 2010 schlossen sich beide Angeklagten der Al Qaida an. Sie nahmen an einer mehrmonatigen Ausbildung teil, die neben einer religiös-ideologischen Schulung auch den Umgang mit Waffen und Sprengstoffen sowie das Erlernen verschiedener Techniken konspirativen Verhaltens umfasste. Im Jahre 2011 kehrten sie nach Europa zurück, um hier für die Al Qaida tätig zu werden. Sie wurden in Berlin bzw. Wien festgenommen.
Mit ihren Revisionen beanstanden die Angeklagten das Verfahren und rügen die Verletzung materiellen Rechts.
Termin: noch nicht bestimmt
5 StR 240/13
LG Berlin - Urteil vom 7. November 2012 – (525) 69 Js 213/09 KLs (1/12)
Das Landgericht Berlin hat die fünf Angeklagten wegen in unterschiedlicher Weise erfolgter Beteiligung an Einfuhr bzw. Besitz von und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und sieben Monaten sowie vier Jahren und fünf Monaten verurteilt.
Nach den landgerichtlichen Feststellungen gelangten am 17. August 2011 über 97 kg Kokain (Wirkstoffgehalt nahezu 87 kg Cocainhydrochlorid) auf einem aus Südamerika kommenden Schiff nach Bremerhaven und wurden dort von der Polizei sichergestellt. Das Rauschgift sollte entsprechend den Planungen der Beteiligten nach Berlin bzw. in die Niederlande transportiert und dort gewinnbringend weiterverkauft werden. In die Tatentwicklung waren eine sog. Vertrauensperson der Polizei und ein verdeckter Ermittler involviert gewesen, was das Landgericht als rechtsstaatswidrige Tatprovokation gewertet hat.
Hiergegen wenden sich die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die Revisionen der Angeklagten machen hingegen mit der Sachrüge und zum Teil zudem mit Verfahrensrügen geltend, das Landgericht habe den Umständen der staatlichen Einwirkung auf die Entstehung und den Umfang der Tat nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen.
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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