Donnerstag, 28. Oktober 2010

Oberlandesgericht Koblenz Vorführwagen ist kein Neuwagen - OLG Koblenz, Urteil vom 13. Oktober 2010Aktenzeichen: 9 U 518/10

OLG Koblenz, Urteil vom 13. Oktober 2010 - Aktenzeichen: 9 U 518/10 - Vorführwagen ist kein Neuwagen


- Oberlandesgericht Koblenz: Händler darf Vorführwagen ohne Angaben zu Verbrauch und Kohlendioxidausstoß anbieten -

Es stellt keinen Wettbewerbsverstoß dar, wenn ein Autohändler in die Verkaufsanzeige für einen „Vorführwagen” nicht die für Neufahrzeuge vorgeschriebenen Informationen über den Kraftstoffverbrauch und die Kohlendioxid-Emissionen aufnimmt. Das hat das Oberlandesgericht Koblenz in einem Berufungsverfahren entschieden.Die Beklagte, eine Autohändlerin aus dem Raum Mainz, bot am 20. April 2009 auf einer Internet-Verkaufsplattform einen Pkw Peugeot 207 zum Verkauf an. Die Anzeige enthielt unter anderem die Angaben „Vorführfahrzeug, Erstzulassung 3/2009, 500 km”. Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zum Kohlendioxidausstoß des Fahrzeugs enthielt die Anzeige nicht.

Der Kläger ist ein Verein mit Sitz in Berlin, zu dessen Aufgaben es gehört, Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht zu verfolgen. Er ist der Auffassung, Autohändler müssten bei der Werbung für Vorführfahrzeuge die für Neufahrzeuge geltende Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) beachten und deshalb Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen des Vorführwagens machen. Der Kläger hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht Mainz hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Koblenz durch Urteil vom 13. Oktober 2010 die Klage abgewiesen.

Der für wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten zuständige 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat in seinem Urteil ausgeführt, die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, in ihre Verkaufsanzeige Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den Werten der CO2-Emissionen im kombinierten Testzyklus neuer Personenkraftwagen aufzunehmen.

§ 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV bestimme ausdrücklich, dass "neue Personenkraftwagen" im Sinne dieser Verordnung nur Kraftfahrzeuge sind, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden. Der zum Verkauf angebotene Pkw Peugeot sei kein „neuer” Personenkraftwagen im Sinne der Pkw-EnVKV, weil die Beklagte ihn zu einem anderen Zweck, nämlich als Vorführwagen erworben und auch als solchen vor dem Weiterverkauf - im Unterschied zu einem Fahrzeug mit Tageszulassung - im Straßenverkehr genutzt habe. Zweck der Pkw-EnVKV sei es, die vollständige Information der Verbraucher über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen vergleichbarer Fahrzeuge zu erreichen. Vergleichbar seien aber nur Fahrzeuge, die sich nicht in Bezug auf Alter und Laufleistung voneinander unterscheiden. Dies sei, wenn es um Neuwagen gehe, nur der Fall, wenn die Fahrzeuge noch nicht im Straßenverkehr gefahren worden seien. Denn mit zunehmender Nutzung verändere sich die
Gewichtung der für die Kaufentscheidung maßgeblichen Kriterien. Es komme nicht darauf an, ob die Beklagte zum Zeitpunkt des Erwerbs des Pkw bereits die Absicht hatte, ihn nach der Nutzung als Vorführwagen zu einem späteren Zeitpunkt weiter zu verkaufen. Konkreter Anlass für den Kauf des Pkw sei die Absicht der Beklagten gewesen, ihn als Vorführwagen zu nutzen. Für die Entscheidung, zu welchem Zweck ein Händler ein Fahrzeug erworben hat, sei es auch nicht maßgeblich, wie lange der Pkw vor dem Weiterverkauf als Vorführwagen zugelassen war und wie weit er als Vorführwagen gefahren worden sei.

Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat die Rechtsfrage, ob ein Vorführwagen als Neuwagen im Sinne der Pkw-EnVKV zu behandeln ist, abweichend von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte entschieden. Der Senat hat deshalb die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13. Oktober 2010 ist unter www.justiz.rlp.de (Rechtsprechung) veröffentlicht.

Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 13. Oktober 2010Aktenzeichen: 9 U 518/10



Zusatzinformation:

Die Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV), durch die eine EU-Richtlinie umgesetzt worden ist, lautet auszugsweise wie folgt:

§ 1 Kennzeichnungspflicht

(1) Hersteller und Händler, die neue Personenkraftwagen ausstellen, zum Kauf oder Leasing anbieten oder für diese werben, haben dabei Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen nach Maßgabe der §§ 3 bis 5 sowie der Anlagen 1 bis 4 zu machen.

(2) Bei den Angaben sind zu verwenden als Einheit

1. für den Kraftstoffverbrauch Liter je 100 Kilometer (l/100 km), für erdgasbetriebene Fahrzeuge Kubikmeter je 100 Kilometer (m3/100 km), jeweils bis zur ersten Dezimalstelle;

2. für die CO2-Emissionen Gramm je Kilometer (g/km), jeweils auf eine ganze Zahl auf- oder abgerundet.

§ 2 BegriffsbestimmungenIm Sinne dieser Verordnung

1. sind "neue Personenkraftwagen" Kraftfahrzeuge nach Artikel 2 Nr. 1 der Richtlinie 1999/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen (ABl. EG 2000 Nr. L 12 S. 16), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 (ABl. EU Nr. L 284 S. 1), die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden;

2. …

§ 3 Hinweis auf Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen sowie Aushang am Verkaufsort

(1) Wer einen neuen Personenkraftwagen ausstellt oder zum Kauf oder Leasing anbietet, hat dafür Sorge zu tragen, dass

1. ein Hinweis auf den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen am Fahrzeug oder in dessen unmittelbarer Nähe so angebracht wird, dass dieser deutlich sichtbar ist und eindeutig zugeordnet werden kann; der Hinweis muss den Anforderungen der Anlage 1 entsprechen; und

2. ein Aushang am Verkaufsort deutlich sichtbar angebracht wird, der die Werte des offiziellen Kraftstoffverbrauchs und der offiziellen spezifischen CO2-Emissionen aller Modelle neuer Personenkraftwagen enthält, die am Verkaufsort ausgestellt oder an diesem oder über diesen Verkaufsort zum Kauf oder Leasing angeboten werden; der Aushang muss den Anforderungen der Anlage 2 entsprechen.…

§ 4 Leitfaden zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen…

§ 5 Werbung

(1) Hersteller und Händler, die Werbeschriften erstellen, erstellen lassen, weitergeben oder auf andere Weise verwenden, haben sicherzustellen, dass in den Werbeschriften Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt I der Anlage 4 gemacht werden.

(2) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für

1. in elektronischer Form verbreitetes Werbematerial,

2. Werbung durch elektronische, magnetische oder optische Speichermedien; ……

Oberlandesgericht Koblenz

Vorbeugende erkennungsdienstliche Maßnahmen gegenüber Jugendlichem Verwaltungsgericht Mainz Aktenzeichen: 1 L 774/10.MZ

Zu Recht hat das Polizeipräsidium Mainz gegenüber einem Jugendlichen, den es der Begehung einer Straftat beschuldigt (Antragsteller), zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten und wegen von ihm bejahter Wiederholungsgefahr die sofortige Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen (Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, Aufnahme von Lichtbildern und gegebenenfalls Speichelprobe – DNA –) angeordnet. So die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz in einem Eilverfahren.Die Polizei legt dem Antragsteller Folgendes zur Last: Mit drei Freunden sei der Antragsteller einem erheblich alkoholisierten jungen Mann gefolgt, als dieser eine Kerweveranstaltung in Rheinhessen verlassen habe; man habe ihm gewaltsam sein Handy wegnehmen wollen. Auf einer Landstraße habe der junge Mann aufgrund seiner Weigerung sein Handy herauszugeben, von einem aus der Gruppe einen Faustschlag ins Gesicht erhalten und sei zu Boden gegangen. Dann habe man ihm das Handy und die Kopfhörer seines iPod au
s der Hosentasche genommen. Nach seiner Weigerung, auch sein iPod herauszugeben, sei ihm noch ein Fußtritt in den Bauch versetzt worden. Anschließend sei er von den (mit Kapuzen) vermummten vier Freunden auf der Straße liegengelassen worden. In der Folge ordnete die Polizei die sofortige Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen gegenüber dem Antragsteller an (Entsprechende Anordnungen ergingen auch gegenüber den drei anderen Gruppenmitgliedern.)

Die erkennungsdienstlichen Maßnahmen seien notwendig, befanden die Richter der 1. Kammer und lehnten den Antrag des Antragstellers, den Sofortvollzug dieser Maßnahmen auszusetzen, ab. Art und Ausführung der Tat ließen auf eine Wiederholungsgefahr schließen. Bei der erfolgten Straftat handele es sich um eine typische Straftat aus dem Bereich der Jugend- bzw. Heranwachsendenkriminalität; sie sei zudem eine schwerwiegende Straftat, zumal sie sich gegen eine infolge Alkoholkonsums weitgehend wehrunfähige Person gerichtet habe, die man dann auch noch in einer bedrohlichen Situation auf der Straße zurückgelassen habe. Die zu gewinnenden erkennungsdienstlichen Unterlagen würden auch bei künftigen polizeilichen Ermittlungen bei der Aufklärung eventueller weiterer Straftaten förderlich sein und würden es erleichtern, den Antragsteller gegebenenfalls als Täter zu überführen oder aus dem Kreis der Verdächtigen auszuschließen.

Aktenzeichen: 1 L 774/10.MZ

Entscheidungen des Verwaltungsgerichts können, auch per E-Mail, angefordert werden (poststelle@vgmz.jm.rlp.de).

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Verwaltungsgericht Mainz
Pressemitteilung 18/2010