Dienstag, 30. Oktober 2012

Art. XY ???: "EINE DISKRIMINIERUNG FINDET NICHT STATT!" - Ausweiskontrolle eines dunkelhäutigen Deutschen durch die Bundespolizei: Verfahren nach Entschuldigung beendet - 29. Oktober 2012, Aktenzeichen: 7 A 10532/12.OVG Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz t." -

Der Rechtsstreit um die Kontrolle eines Deutschen dunklerer Hautfarbe durch Beamte der Bundespolizei ist durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Verfahrensbeteiligten beendet worden, nachdem Vertreter der Bundespolizei sich für die Kontrolle im Zug entschuldigt haben.
Der Kläger, ein 26-jähriger Deutscher, wurde auf einer Zugfahrt von Kassel  nach Frankfurt am Main von zwei Bundespolizisten angesprochen und aufgefordert, sich auszuweisen. Dies verweigerte der Kläger. Daraufhin durchsuchten die Polizisten seinen Rucksack vergeblich nach Ausweispapieren und nahmen ihn mit zu ihrer Dienststelle nach Kassel, wo seine Personalien festgestellt werden konnten. Die Beamten beriefen sich auf eine Vorschrift des Bundespolizeigesetzes, wonach die Bundespolizei zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet in Zügen jede Person kurzfristig anhalten, befragen und von ihr die Aushändigung mitgeführter Ausweispapiere verlangen kann, soweit aufgrund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung anzunehmen ist, dass der Zug zur unerlaubten Einreise genutzt werde.
Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, er sei allein wegen seiner dunkleren Hautfarbe kontrolliert worden. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ließ die Berufung zu und vernahm die beiden Bundespolizisten in der mündlichen Verhandlung als Zeugen. Nach Beendigung der Beweisaufnahme machte das Gericht deutlich, dass das an den Kläger gerichtete Ausweisverlangen rechtswidrig war, weil die Hautfarbe des Klägers das ausschlaggebende Kriterium für die Ausweiskontrolle gewesen sei. Diese Maßnahme habe daher gegen das Diskriminierungsverbot in Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes verstoßen.
Nachdem sich die Vertreter der Bundespolizei bei dem Kläger für die Kontrolle im Zug entschuldigt hatten, erklärten die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Das OVG erklärte das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos und legte der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf.

Beschluss vom 29. Oktober 2012, Aktenzeichen: 7 A 10532/12.OVG
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
Pressemitteilung Nr. 30/2012

Falschangabe eines Gläubigers im Insolvenzverfahren: Bewusst unwahre Behauptung der Zahlungsunfähigkeit einer Gesellschaft kann falsche Verdächtigung sein - OLG Koblenz Urteil vom 15. Oktober 2012, Az.: 2 Ss 68/12

Wer als Gläubiger gegenüber einem Insolvenzgericht wider besseres Wissen behauptet, sein Schuldner sei zahlungsunfähig, kann sich wegen falscher Verdächtigung strafbar machen. Denunzierter Betroffener eines Insolvenzverfahrens kann dabei nicht nur eine natürliche Person, sondern auch eine juristische Person (z.B. eine Gesellschaft) sein. Dies hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz in einem Revisionsverfahren entschieden (Urteil vom 15. Oktober 2012, Az.: 2 Ss 68/12).

Der Angeklagte stellte im Juli 2010 vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach einen Insolvenzantrag gegen eine Gesellschaft. Dabei soll er wider besseres Wissen behauptet haben, die Gesellschaft könne seiner Firma ein Darlehen nicht zurückzahlen und sei zahlungsunfähig.

Gegen den Angeklagten erging im Juli 2011 ein Strafbefehl, gegen den er Einspruch einlegte. In der Folge hat ihn das Amtsgericht vom Vorwurf der falschen Verdächtigung freigesprochen, die dagegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft wurde vom Landgericht als unbegründet verworfen. Das Landgericht lehnte eine Verurteilung des Angeklagten mit der Begründung ab, das Insolvenzverfahren sei nicht als behördliches Verfahren im Sinne der Strafvorschrift des § 164 Abs. 2 StGB anzusehen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hatte nun einen vorläufigen Erfolg; der Strafsenat hob den Freispruch auf und verwies die Sache an das Landgericht zurück.

Nach Ansicht des Strafsenats hat der Angeklagte mit seiner schriftlichen Mitteilung, die Gesellschaft könne das Darlehen nicht zurückzahlen und sei damit zahlungsunfähig, bewusst eine falsche Behauptung gegenüber einem Gericht aufgestellt. Diese Behauptung sei geeignet gewesen, ein Insolvenzverfahren gegen die Gesellschaft herbeizuführen. Dieses Insolvenzverfahren stelle auch ein behördliches Verfahren im Sinne des § 164 Abs. 2 StGB dar, da in einem Insolvenzverfahren eine staatliche Stelle dem Bürger als dem davon Betroffenen hoheitlich gegenübertrete. Dem Schuldner oblägen weitgehende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten, das Insolvenzgericht könne Sicherungs- und Sanktionsmaßnahmen anordnen.

Denunzierter Betroffener eines Insolvenzverfahrens könne dabei auch eine juristische Person sein. Die Einleitung eines Insolvenzverfahrens gegen eine Gesellschaft könne mit erheblichen, wirtschaftlich nachteiligen Auswirkungen verbunden sein. Potentielle Vertragspartner würden von Geschäften mit der denunzierten Firma abgehalten, was gegebenenfalls zum Ruin des Unternehmens führen könne. Wer solche wirtschaftlichen Folgen wider besseres Wissen in Schädigungsabsicht verfolge, habe sich daher strafrechtlich zu verantworten.

Da eine Verurteilung grundsätzlich nicht auf die Feststellungen in einem freisprechenden Urteil gestützt werden kann, war es dem Strafsenat verwehr, den Angeklagten selbst zu verurteilen. Vielmehr war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.


Hintergrund:
Nach § 164 Abs.2 StGB macht sich strafbar, wer über einen anderen wider besseres Wissen eine Behauptung aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder eine andere behördliche Maßnahme gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.Datum: 30.10.2012

Herausgeber: Oberlandesgericht Koblenz