„Den Prozess gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann“ nannte Justizminister Jörg-Uwe Hahn „ein alarmierendes Beispiel für die öffentliche Berichterstattung über einen Strafprozess. Man hatte das Gefühl, der Strafprozess solle instrumentalisiert oder als Quoten und Auflagen bringende, reale Doku-Soap benutzt werden.“ Spätestens dieser Fall machte das Thema‚ Strafprozess in der Mediengesellschaft aktuell. Es ist Thema der „Frankfurter Tage der Rechtspolitik“, die der Justizminister zusammen mit dem Fachbereich Rechtswissenschaften der Frankfurter Universität veranstaltet. Diese sind gedacht als gedanklicher Austausch zwischen Praxis, Politik und Rechtslehre.„Alle Beteiligten eines Strafverfahrens sind inzwischen deutlich medienbewusster geworden“, analysierte Justizminister Jörg-Uwe Hahn: „Der aktivere Umgang der Verteidigung mit den Medien ist mittlerweile Teil der Verfahrensstrategie. Da werden eigens sogar auf Litigation-PR spezialisierte Anwälte engagiert, die eine bestimmte, öffentliche Meinung herstellen sollen.“Auch die Justiz verstärke ihre Pressearbeit. Das Interesse der Medien an spektakulären Strafprozessen bestand zwar schon immer, aber heute kommt die Beschleunigung der Berichterstattung durch neue Online-Verbreitungswege hinzu sowie der verschärfte Wettbewerb um die öffentliche Aufmerksamkeit.“
„Strafjustiz kann die Entwicklungen der Mediengesellschaft nicht aufhalten, so Justizminister Jörg-Uwe Hahn, „sondern muss unter veränderten Bedingungen weiter funktionieren. Der Strafprozess braucht die Medien. Denn die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung ist heute Medienöffentlichkeit. Soweit die Strafe auch abschreckend wirken soll, muss das Strafverfahren über die Medien transportiert werden. Und vor allem sollen die Bürger erleben, dass die Rechtsordnung funktioniert, dass Straftäter möglichst rasch bestraft und unschuldig Verdächtigte rehabilitiert werden. Die Rechtsprechung findet schließlich im Namen des Volkes statt“, so Justizminister Jörg-Uwe Hahn: „Aber es darf nicht so weit gehen, dass das Strafverfahren völlig in die Medien verlagert wird. Strafjustiz muss die Unschuldsvermutung und die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen schützen, gleichzeitig aber ausreichend transparent und damit kontrollierbar bleiben.“Justizminister Jörg-Uwe Hahn mahnte: „Die Medien stützen sich auf das Grundrecht der Pressefreiheit. Sie nehmen eine unverzichtbare Funktion für die öffentliche Meinungsbildung gerade auch bei der Berichterstattung über Strafverfahren wahr. Doch setzen die Persönlichkeitsrechte von Beschuldigten und Zeugen hier Grenzen. „Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt auch für die Presse“. So heißt es im Pressekodex des Deutschen Presserats [Ziffer 13]. Demnach muss die Berichterstattung über Strafverfahren „frei von Vorurteilen erfolgen“.
Pressestelle: Ministerium der Justiz, für Integration und Europa
Pressesprecher: Dr. Hans Liedel
Telefon: (0611) 32 2695, Fax: (0611) 32 2691
E-Mail: pressestelle@hmdj.hessen.de
29.11.2011 - Pressemitteilung
Justizminister Jörg-Uwe Hahn: Auch für die Medien gelten Regeln
http://www.hessen.de/irj/hessen_Internet?rid=HStK_15/hessen_Internet/sub/6f0/6f016964-0dee-331f-012f-31e2389e4818,,,11111111-2222-3333-4444-100000005004%26_ic_uCon_zentral=6f016964-0dee-331f-012f-31e2389e4818.htm
Wahrheit vs. Geheimhaltung
15.11.2011 „Der Fall Jörg Kachelmann ist komplett aus dem Ruder gelaufen“, stellt Moderator Christoph Krachten fest. Doch nicht nur einschlägige Boulevard-Medien verhielten sich falsch.„Selbst im Magazin der Süddeutschen Zeitung durften Kachelmanns Kollegen und Geliebte private Details aus seinem Leben ausplaudern“, erinnert sich Günter Bartsch, Geschäftsführer von Netzwerk Recherche. Dabei wurde die journalistische Verantwortung erheblich verletzt: „Das waren alles nicht belegbare Behauptungen, die abgedruckt wurden.“
Persönliches Filtersystem
[...]
http://medien-mittweida.de/10365_wahrheit-vs-geheimhaltung/
BONUS-PACK:
Strafprozess: Medienjustiz statt Unschuldsvermutung
13.03.2011 | 18:23 | GEORG VETTER (Die Presse)
Journalisten und Kabarettisten missachten zusehends eine der wichtigsten Grundregeln. Durch den inflationären Gebrauch gewinnt die Unschuldsvermutung den Charakter einer Leerformel. [...] WIEN