Montag, 5. Oktober 2009

Thilo Sarrazin, rituelles akademisches Bauernopfer „komplementärer Schismogenese“?


Hat da wohl irgendwie der weiße Neger Wumbaba wieder zugeschlagen!?!?? Wieder einmal Stille-Post-Spiel-für-Erwachsene, oder was????

Bedenkt man, dass Sarkozy (ebenfalls in seinem Land ein Politiker mit Migrationshintergrund) sich durch markigeres Auftreten gegenüber den Migranten in den Banlieus in Szene setzte, wo er dann doch mal glaubte Hochdruckreinigen http://www.abendblatt.de/politik/europa/article455946/Kaercher-gegen-Sarkozy.html zu müssen (im Französischen nur allzu gerne frallemand als „kaerchern“ bezeichnet.) bis ins höchste französische Staatsamt aufsteigen konnte, reibt man sich vielleicht verwundert die Augen, wenn man sieht und hört, wie der in Gera geborene promovierte Volkswirt Dr. Thilo Sarrazin, aktuell öffentlich modern-medial geteert und gefedert wird.

Jener Bauern(ururur)enkel Thilo, dessen Familie lange Zeit dem Urahn wohl glaubte allein „zum Pfluge geboren und erzogen" zu sein (Familienmotto zu Beginn des 19. Jhd. http://www.uni-luebeck.de/detmering/projekt2008/chr_s.htm ") fühlte sich nicht mehr zum Pfluge berufen, hat den Aufstieg geschafft. Er hätte so etwas wie der deutsche Obama sein können; die Stelle, die jetzt die Grünen für ihren recycelten schwäbisch-türkischen Freiflieger Cem Özdemir reklamieren, besetzen können. Er, der mit zweistufigem Migrationshintergrund, mit wechselnder Integrations- und Assimilationserfahrung offensichtlich einer maurischen Familie (siehe auch Familiennamen wie Moreau/Mohren) entstammt, die sich zunächst abendländisch-christlich auf französischem Boden assimilierte, um sich dann im Zuge der Hugenotten-Verfolgung im wahren Sinne des Wortes vom (französischen) Acker machen musste und in deutschen Flickenteppich-Landen niederließ.

Was hatte er also anderes gesagt, als die alte 3-Generationen-Regel der Migration (Die 1. Generation findet den Tod, die 2. die Not und die 3. das Brot.) auf die aktuelle bundesrepublikanische Situation auf die unterschiedlichen Zuwanderungskreise anzuwenden, darauf hinzuweisen, dass Integration immer ein beidseitiger Prozess ist? – Im Übrigen vollzieht sich gesellschaftlicher Aufstieg auch in deutschen Familien über mehrere Generationen, wie ja viele Promis mit Berufs-Familiennamen (Müller, Schmidt, Schneider, Pistorius etc.) eindrucksvoll zeigen bzw. unter völliger Selbstaufgabe eines, des ersten „Springers“ in der Familie der seine Stunde nutzte (die Fugger, Weizsäckers (Name ! – inzwischen von). (Wir müssen daher auch nicht nach chinesischen Vorbildern von Rumänien bis Portugal suchen, wo die erste Generation noch im Lager ihres Geschäfts oder auf den Maschinen schläft. Können uns vielmehr unserer eiegnen Geschichte besinnen.)

Hätte er punkten können, wenn er es positiv-motivierend gesagt hätte? NEIN. Dazu war/ist es bei ihm schon zu spät. Der „Mainstream“ (hier: Medien-Spreestream) hier als persönlicher Tsunami wartete schon...

Nachdem er bereits zweimal durch Bemerkungen zu Hartz IV, die vermeintlich sozialdemokratische Latte gerissen hatte und gezeigt hat, dass er schon mal gerne gegen den „Mainstream“ schwimmt, war er bereits zum Abschuss reif – ohne es vielleicht auch selbst zu wissen, auch nur zu ahnen. Man wollte, man will ihn missverstehen.

Denn diese Erkenntnis ist nicht neu, wie bereits eine mehrere Jahre alter Kolumnenbeitrag im STERN ("Die vergrabene Bombe" http://www.stern.de/politik/deutschland/zwischenruf/zwischenruf-die-vergrabene-bombe-634119.html) oder BILD (Hieb- und stichfest) zeigt. Darin wird auch aufgezeigt, wie schwierig es ist, überhaupt an valides Zahlenmaterial zu kommen.

Das Konzept http://www.google.de/search?q=komplement%C3%A4re+schismogenese&ie=utf-8&oe=utf-8&aq=t&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a der „komplementären Schismogenese“, das nicht mal eine bewusstes, vorsätzliches Missverständnis voraussetzt, ist schon in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelt worden – und erklärt schön, wie solche Debatten irgendwann zu vermeintlichen Selbstläufern werden.

DEBORAH TANNEN bringt in ihrem Buch „Laß uns richtig streiten – Warum Frauen immer widersprechen und Männer nur sich selbst zuhören“ nach einer langen Einleitung im 3. Kapitel „Vom Schoßhund zum Kampfhund: Die Aggressionskultur und die Presse“ (wo sie die radikale Veränderung der Presse, mit ihrem ständigen Versuch zu polarisieren, auf Watergate zurückführt) eindrucksvoll das Beispiel von Hillary Clinton (S. 92 ff), die einem solchen Prozess und ein zwei eigenen „Sounbites“ zum Opfer fiel, die aus dem Zusammenhang gerissen sich verselbständigten, als sie sich dagegen verwahrte, dass ihre Ehe nur (noch) ein Arrangement sei: (Er: >>Es ist kein Arrangement. Es ist eine Ehe. <<>>Ich sitze hier, weil ich meinen Mann liebe und achte und weil ich anerkenne, was er durchgemacht hat und was wir gemeinsam durchgemacht haben.<<

„Aber der „Soundbite“, den man später herauspickte, war eine Formulierung, die sie benutzt hatte, um die unterstellte Zweckgemeinschaft zurückzuweisen: „Ich bin nicht irgendeine nette, kleine Frau, die nur ihrem Mann zur Seite steht wie Tammy Wynette (eine Anspielung auf den Song von Tammy Wynette >Stand by your man.<). Die Formulierung wurde wiederholt so zitiert, als wäre es die erste Äußerung in einem Gespräch gewesen, und als Beleidigung für alle Frauen ausgelegt, die zu Hause bleiben anstatt einem Beruf nachzugehen. Die Tatsache, dass Hillary Clinton zu der Äußerung provoziert worden war, weil man ihre Ehe beleidigt hatte, fiel völlig unter den Tisch.“ S. 94[...] Immerhin scheint Michelle Obama daraus gelernt zu haben. Sie machte ihre (berufliche und persönliche) Eigenschaft bereits dauerhaft im Vorwahlkampf klar – unhinterfragbar, ohne Notdebatte bzgl. eines Skandals.

Nur, was lehrt uns die Sarrazin-„Debatte“, die sich auch immer wieder so ähnlich im deutschen Blätterwald (Papst, Abtreibung, ....) wiederfindet???

Das wir immer noch nicht gelernt haben, andere Meinungen zu akzeptieren.... – trotz aller Lippenbekenntnisse und des geduldigen, auf Papier gedruckten GG.


Was ist die Alternative? Schweigen?


[...]"Eine ähnliche Provokation löste auch den zweiten Soundbite aus, der während eines Wahlkampfes für Aufsehen sorgte: die »Tee und Plätzchen«-Bemerkung. Den Kontext bildete eine Anschuldigung des Vorwahlkandidaten Jerry Brown. Er hatte behauptet, Mrs. Clinton habe ihre Ehe mit dem Gouverneur von Arkansas ausgenutzt, um Regierungsaufträge für die Anwaltskanzlei zu gewinnen, in der sie arbeitete. Reporter wiederholten die Anschuldigung gegenüber Mrs. Clinton und baten sie um eine Stellungnahme. In ihrer spontanen Antwort berührte sie mehrere Punkte und sprach unter anderem davon, wie hart sie darum gerungen habe, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. »Ich habe versucht, das Beste aus meinem Leben zu machen und allen Anforderungen gerecht zu werden; trotzdem werde ich wohl weiterhin Gegenstand von Angriffen bleiben. Doch die Anschuldigungen sind nicht wahr, und ich weiß nicht, was ich sonst noch sagen soll, außer daß es mich traurig macht.« Die Reporter ließen jedoch nicht locker und fragten, wie denn der Eindruck eines Interessenkonflikts zu vermeiden sei. Mrs. Clinton antwortete: »Ich habe mich immer bemüht, meiner Sorgfaltspflicht so weit wie möglich nachzukommen.« Die einzige Möglichkeit, einen Konflikt vollständig zu vermeiden, wäre also gewesen, daß sie ihren Beruf ganz aufgegeben hätte. Mrs. Clinton formulierte das so: »Wahrscheinlich hätte ich zu Hause bleiben, Plätzchen backen und Tee herumreichen können, aber ich habe mich nun mal dafür entschieden, weiter in dem Beruf zu arbeiten, den ich aufgenommen habe, bevor mein Mann in die Politik ging.« Damit war der Spruch des Tages im Kasten. Der Kontext, der ihre Frustration ausgelöst hatte, verschwand. Auch was sie über ihre gewissenhaften Anstrengungen oder über die mühsame Gratwanderung zwischen Beruf und Familie gesagt hatte, fiel unter den Tisch.


Alles was übrigblieb, waren »Tee und Plätzchen- eine weitere Beleidigung für alle Hausfrauen und Mütter.


Es ist nicht schwer zu verstehen, warum die Reporter gerade diese beiden Soundbites aus den längeren Interviews auswählten und in den Vordergrund stellten. Sie passen in eine beliebte Polarisierungsschablone, in den vorgefertigten Krieg zwischen den Frauen, die sich zu Hause um ihre Familien kümmern, und jenen, die berufstätig sind. Aber die ironische Schärfe in den beiden Antworten war ohne Zweifel ein Ergebnis der verletzenden Fragestellung. Das ist die Spirale, die von der Kritikkultur ausgelöst wird: Ein Angriff erzeugt eine Gegenreaktion, die zur Munition für einen weiteren Angriff wird. Noch wichtiger ist, daß diese Äußerungen während spontaner, früher Interviews gefallen sind. Wer versucht, die Fragen von Reportern ehrlich zu beantworten, und die Erfahrung macht, daß eine beliebige Bemerkung aus dem Kontext gerissen und zur Keule umfunktioniert wird, mit der man auf ihn eindrischt, entwickelt verständlicherweise eine gewisse Abneigung dagegen, offen mit der Presse zu sprechen - das gilt für die Clintons ebenso wie für viele andere Personen des öffentlichen Lebens.[...]S. 94f ebenda

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen