Für alle, die sich nach der FAZ-online-Meldung mit dem Gedanken tragen, mit der Rechtsberatung anzufangen: HAFT, Fritjof "Einführung in das juristische Lernen", 6. Auflage. Vor allem herrlich der Ton aus der Innenansicht des juristischen Betriebs, der jedem Laien mindestens eine Beleidigungs- und/oder Verleumdungsklage eingebracht hätte. KAUFEN! - Was Harald Schmidt bei den Polenwitzen, ist Haft bei den Juristen/-innenwitzen. Zum Brüllen komisch. Wenn man halt nicht gerade Jurist/-in ist oder unter einer/einem leidet.
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"(4) Jurisprudenz vom Hörensagen
Weithin wird heute schon in der Praxis eine Jurisprudenz vom Hörensagen betrieben, was die natürliche Folge des Schwindens an Leskultur ist. Das boomende Fortbildungsgewerbe belegt diesen Befund. Wenn heute ein praktisch tätiger Jurist wissen will, wie sich die Rechtsprechung des BGH zur pipimotiven Sarazität entwickelt hat, dann geht er nicht mehr in die Bibliothek und liest dort nach. Nein, dann meldet er sich vielmehr zu einem Seminar an und läßt es sich dort von einem Referenten erzählen. Längst ist auf diese Weise eine ständig wachsende „Hoteluniversität“ entstanden.
Die Jurisprudenz vom Hörensagen geht mitunter schon soweit, daß nicht einmal mehr das Gesetz gelesen wird. Ich kenne durchaus erfolgreiche Juristen, die sich den berühmten „die Rechtsfindung fördernden“ Blick in das Gesetz schlicht abgewöhnt haben.
Unlängst erhielt ich einen Anruf. An einem Juristenstammtisch hatte man die Frage aufgeworfen, ob ein einmal gestellter Strafantrag wieder zurückgenommen werden könne. Niemand wußte es. Niemand hatte eine Idee, wie man es herausfinden könne. Alle rätselten und es bildeten sich die unter Juristen üblichen drei Fraktionen. Die einen sagten: „Man kann es!“ Die andere Sagten: „Man kann es nicht!“ Die dritten sagten: „Es kommt darauf an!“ Bis einer sagte: „Ich kenne einen Strafrechtsprofessor. Der kann uns die Frage sicher beantworten.“ Dieser Vorschlag stieß auf begeisterte Zustimmung. So erhielt ich einen Anruf. Zufällig hatte ich gerade das Strafgesetzbuch aufgeschlagen vor mir liegen, und zwar, wie es der Zufall bei solchen Geschichten will, just bei § 77 d StGB. Ich brauchte also die Antwort am Telefon nur vorzulesen. Sie lautete: „Der Antrag kann zurückgezogen werden.“ Natürlich sagte ich nicht, woher ich das wußte. Ich wollte den Anrufer in seinem Glauben an die Gelehrsamkeit von Strafrechtsprofessoren nicht enttäuschen. Daher verzichtete ich auf die Erwähnung meiner Quelle. Der Anrufer war tief beeindruckt. Er ging in seine Stammtischrunde zurück und verkündete die Mitteilung des Experten. Ehrfürchtig wurde die Nachricht entgegengenommen. Alle waren sich einig, daß es doch gut ist, wenn man einen Strafrechtsprofessor kennt.“
(Haft, Fritjof: Einführung in das juristische Lernen, Giesking, 6. Auflage S. 291 f )
Haft: Die Normalfallmethode und der Normalfallgenerator
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"(4) Jurisprudenz vom Hörensagen
Weithin wird heute schon in der Praxis eine Jurisprudenz vom Hörensagen betrieben, was die natürliche Folge des Schwindens an Leskultur ist. Das boomende Fortbildungsgewerbe belegt diesen Befund. Wenn heute ein praktisch tätiger Jurist wissen will, wie sich die Rechtsprechung des BGH zur pipimotiven Sarazität entwickelt hat, dann geht er nicht mehr in die Bibliothek und liest dort nach. Nein, dann meldet er sich vielmehr zu einem Seminar an und läßt es sich dort von einem Referenten erzählen. Längst ist auf diese Weise eine ständig wachsende „Hoteluniversität“ entstanden.
Die Jurisprudenz vom Hörensagen geht mitunter schon soweit, daß nicht einmal mehr das Gesetz gelesen wird. Ich kenne durchaus erfolgreiche Juristen, die sich den berühmten „die Rechtsfindung fördernden“ Blick in das Gesetz schlicht abgewöhnt haben.
Unlängst erhielt ich einen Anruf. An einem Juristenstammtisch hatte man die Frage aufgeworfen, ob ein einmal gestellter Strafantrag wieder zurückgenommen werden könne. Niemand wußte es. Niemand hatte eine Idee, wie man es herausfinden könne. Alle rätselten und es bildeten sich die unter Juristen üblichen drei Fraktionen. Die einen sagten: „Man kann es!“ Die andere Sagten: „Man kann es nicht!“ Die dritten sagten: „Es kommt darauf an!“ Bis einer sagte: „Ich kenne einen Strafrechtsprofessor. Der kann uns die Frage sicher beantworten.“ Dieser Vorschlag stieß auf begeisterte Zustimmung. So erhielt ich einen Anruf. Zufällig hatte ich gerade das Strafgesetzbuch aufgeschlagen vor mir liegen, und zwar, wie es der Zufall bei solchen Geschichten will, just bei § 77 d StGB. Ich brauchte also die Antwort am Telefon nur vorzulesen. Sie lautete: „Der Antrag kann zurückgezogen werden.“ Natürlich sagte ich nicht, woher ich das wußte. Ich wollte den Anrufer in seinem Glauben an die Gelehrsamkeit von Strafrechtsprofessoren nicht enttäuschen. Daher verzichtete ich auf die Erwähnung meiner Quelle. Der Anrufer war tief beeindruckt. Er ging in seine Stammtischrunde zurück und verkündete die Mitteilung des Experten. Ehrfürchtig wurde die Nachricht entgegengenommen. Alle waren sich einig, daß es doch gut ist, wenn man einen Strafrechtsprofessor kennt.“
(Haft, Fritjof: Einführung in das juristische Lernen, Giesking, 6. Auflage S. 291 f )
Haft: Die Normalfallmethode und der Normalfallgenerator